Getreideabkommen gefährdet: Was macht Moskau?
Istanbul - Das Abkommen zur Ausfuhr ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer droht am 18. Mai auszulaufen. Die Verhandlungen mit Russland steckten fest, heißt es. Experten befürchten harte Konsequenzen, besonders für ärmere Länder, sollte der Korridor über das Schwarze Meer nicht mehr funktionieren.
Worum geht es in dem Abkommen?
Russland hat nach dem Überfall auf die Ukraine die Getreideexporte des Nachbarlandes blockiert. Die Blockade und Sanktionen gegen Russland haben 2022 zu starken Preisanstiegen unter anderem bei Getreide und Dünger geführt.
Russland und die Ukraine lieferten vor dem Krieg fast ein Viertel der Getreideexporte weltweit. Im Juli 2022 kam die Schwarzmeer-Getreide-Initiative zustande, die von UN und der Türkei vermittelt wurde. Sie erlaubt kontrollierte Getreideausfuhren aus den Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj (Juschny). Vertreter der UN, Russlands, der Ukraine und der Türkei kontrollieren die Schiffsladungen in Istanbul. Damit soll sichergestellt werden, dass tatsächlich nur Lebensmittel und keine Waffen an Bord sind.
Zur Initiative gehört außerdem eine separate Vereinbarung zwischen den UN und Russland. Darin versprechen die UN, alles für die Aufhebung der Hürden zu tun, die russische Getreide- und Düngemittelexporte erschweren.
Woran hakt es?
Russland beklagt, dass es nicht ausreichend von dem Abkommen profitiert und die im Zuge des Krieges in der Ukraine verhängten Sanktionen die Lieferungen russischer Agrargüter behindern. Russische Hersteller von Düngemitteln hätten weiter Probleme, ihre Waren zu exportieren - obwohl das Abkommen das beseitigen sollte. Kremlchef Wladimir Putin hatte UN-Generalsekretär António Guterres aufgefordert, sich international dafür einzusetzen, dass russische Schiffe wieder ungehindert fahren können. Probleme gibt es etwa beim Abschluss von Versicherungen für die Frachter, aber auch bei den Bezahlungen, weil Geldüberweisungen durch die mit Sanktionen belegten russischen Banken schwierig sind.
Was hat das Abkommen bisher gebracht?
Den Vereinten Nationen zufolge wurden bisher mehr als 30 Millionen Tonnen Getreide über die Häfen ausgeführt. Der Löwenanteil entfiel auf Mais und Weizen. Hauptempfängerländer waren China, Spanien, die Türkei und Italien. 44 Prozent der Ausfuhren gingen laut Weltbank-Ranking in reiche Länder und drei Prozent der Ausfuhren in arme Länder. Nicht nur für die Ernährung in vielen Ländern ist das Abkommen von Bedeutung - auch für den Haushalt der vom Krieg finanziell geschwächten Ukraine.
Was passiert, wenn das Abkommen ausläuft?
Scheitert das Abkommen, könnte die russische Kriegsflotte die Verschiffung des Getreides über das Schwarze Meer verhindern. Experten befürchten, dass es beim Fehlen der Mengen auf dem Weltmarkt erneut zu einem Preisanstieg und möglichen Engpässen in ärmeren Ländern kommt. Die Ukraine gehört zu den bedeutenden Exporteuren von Getreide. Das durch Russlands Krieg finanziell geschwächte Land ist zudem dringend auf die Einnahmen aus dem Getreideverkauf angewiesen.
Wie geht es weiter?
Die Verhandlungen laufen derzeit noch weiter. Eine Einigung ist weiter nicht ausgeschlossen. Seit Abschluss im Juli vergangenen Jahres wurde das Abkommen nur einmal kurzzeitig unterbrochen in Folge eines russischen Vetos. Das Abkommen und die Exporte wurden wieder aufgenommen, nachdem die türkische Seite dann einen Kompromiss vermittelte.