Gesundheitsstreit: die Schrumpfkopfprämie
MÜNCHEN/BERLIN - Rösler kontra Seehofer: Nach langem Streit naht ein Kompromiss bei der Finanzierung der Krankenkassen. Es geht auch um Begriffe: Aus der Kopfpauschale wird nun die „Gesundheitsabgabe“
Showdown in der bayerischen Staatskanzlei: Im Kampf um die Kopfpauschale soll es am Montag zwischen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und seinem größten Gegner Horst Seehofer zur Entscheidung kommen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel schickt Rösler extra nach München. Der hat sein Konzept kräftig eingedampft - zu einer Schrumpfköpfchen-Pauschale: 15 Euro soll sie für jedes Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ab 2011 betragen - Geringverdiener ausgenommen. Dafür werden die Besserverdienenden zur Ader gelassen - damit die Kopfpauschale nicht aus Steuermitteln finanziert werden muss.
In der CSU spricht man schon von einem Vorschlag „der Kompromissbereitschaft“ andeute. Wichtige Forderungen von Seehofer seien erfüllt worden. Zu denen gehört auch, dass es für mitversicherte Kinder und Ehepartner keine Kopfprämie gibt. Der Ausgleich zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Kassenmitgliedern soll nun durch den Beitrag erfolgen. Der Beitragssatz beträgt derzeit 14,9 Prozent. Davon zahlt der Arbeitgeber sieben Prozent, der Arbeitnehmer 7,9 Prozent. Derzeit liegt die Bemessungsgrenze bei 3750 Euro Monatsgehalt. Wer mehr verdient, musste bisher aber nicht mehr an die Krankenkasse zahlen. Das will Rösler ändern.
Je nach Kasse wird bereits zum Beitrag ein Zusatz von acht Euro sowie eine Praxisgebühr von zehn Euro erhoben. Mit der Kopfpauschale von maximal 15 Euro würde sich so für den Durchschnittsverdiener insgesamt eine Extrabelastung von 33 Euro monatlich ergeben.
Am Wochenende wollen Seehofer und sein Gesundheitsminister Söder das Rösler-Konzept unter die Lupe nehmen. Die Situation ist verfahren. Die Mehrheit der Bürger lehnt die Kopfpauschale ab. Seehofer will sie auf keinen Fall und tat alles, um Rösler in die Knie zu zwingen. Jetzt schiebt Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm aber den Schwarzen Peter zu. Sie trage Röslers Konzept mit, ließ sie den Ober-Bayern wissen, mache es aber von seiner Zustimmung abhängig. Auf Deutsch: Wenn es den Bach runter geht, ist nicht die Berliner Koalition und auch nicht die FDP schuld, sondern Seehofer ganz alleine.
In der CSU macht man sich schon Gedanken, wie man aus der Sache rauskommt und jeder sein Gesicht behält. Offensichtlich geht es nur noch darum, wie man das Kind nennt. „Eine Kopfpauschale ist das eh nicht mehr“, heißt es in der CSU. Dort will man unbedingt das Wort „Pauschale“ und „Prämie“ verhindern. Man könne es ja vielleicht auch „Gesundheitsabgabe“ nennen, lautet ein interner Vorschlag.
Rösler und Seehofer halten das Treffen am Montag streng geheim. Viel Diskussionsbedarf scheinen sie eh nicht zu haben. Der Ministerpräsident kümmert sich an diesem Tag vor allem um BayWa-Chef Klaus Josef Lutz, Rodel-Legende Georg Hackl und Biathlon-Star Michael Greis. Das Unternehmen will nämlich als Nationaler Förderer die Olympiabewerbung München 2018 sponsern. Angela Böhm
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