Gesundheitsminister beraten über Organspende

Ein neues Transplantationsgesetz soll den mehr als 12 500 Schwerkranken helfen, die in Deutschland auf ein Spenderorgan warten. Doch die Ausgestaltung der Organspende-Regelungen ist quer durch die Parteien umstritten.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Berlin/Frankfurt/Main - Mehrere Politiker, darunter Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warnten am Mittwoch vor der sogenannten Widerspruchslösung, für die sich etwa Sachsen-Anhalts Minister Norbert Bischoff (SPD) stark macht.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beraten an diesem Mittwoch in Frankfurt am Main über das Thema. "Ich erwarte auf der Konferenz eine kontroverse Diskussion, gehe aber davon aus, dass letztlich eine Einigung erzielt wird", sagte Minister Bischoff der Nachrichtenagentur dpa. Der Gesundheitsausschuss des Bundestags wollte in Berlin mit Experten über ethische und rechtliche Aspekte sprechen.

Nach jahrelangen Debatten soll zum kommenden Jahr ein neues Gesetz in Kraft treten. Zur Diskussion steht unter anderem die sogenannte Entscheidungslösung, die Unionsfraktionschef Volker Kauder und SPD-Amtskollege Frank-Walter Steinmeier favorisieren. Dabei sollen Bürger befragt werden, ob sie Organspender sein wollen. Das könnte zum Beispiel auf dem Bürgeramt gleichzeitig mit der Ausstellung von Dokumenten geschehen.

Bei der Widerspruchslösung dagegen wäre jeder automatisch Organspender, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Bei einer erweiterten Widerspruchslösung würden die Angehörigen gefragt.

In Deutschland gilt derzeit eine erweiterte Zustimmungslösung. Menschen dürfen im Todesfall nur dann Organe entnommen werden, wenn ein Dokument - etwa ein Spenderausweis - ihre Zustimmung zu Lebzeiten belegt oder wenn Angehörige einer Transplantation zustimmen.

Landesminister Bischoff sagte, er werde sich bei dem Treffen mit seinen Kollegen für die Widerspruchslösung stark machen. Damit steht er aber weitgehend alleine. Der frühere Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, hatte die Widerspruchslösung als "Organbereitstellungspflicht" kritisiert. "Man muss die Freiwilligkeit hochhalten und muss nur dafür sorgen, dass mehr Menschen als gegenwärtig von dieser Freiwilligkeit auch wirklich einen aktiven Gebrauch machen."

Kauder erklärte in der "Welt" (Mittwoch), Organspenden "betreffen die menschliche Würde, die auch nach dem Tod zu achten ist. Deshalb darf es hier keinen staatlichen Zwang geben." Er halte aber die Überlegung für richtig, dass der Staat einmal an die Bürger herantrete und sie frage, ob sie zur Spende bereit wären. Die Gesundheitsministerin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD) sagte dem Sender SWR: "Die Widerspruchslösung ist ein Vorschlag, der sehr tiefgreifende ethische Bedenken mit sich bringt und der Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht geht wirklich sehr sehr weit."

Patientenschützern gehen die Pläne zur Neuordnung der Organspende viel zu weit. "Die Politik nimmt die Vorbehalte der Bevölkerung nicht ernst", sagte der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, der dpa. Die Widerspruchslösung sei "verantwortungslos". Auch die Entscheidungsregelung geht ihm zu weit: "Niemand darf zu einer Entscheidung gezwungen werden. Organspende muss ein Akt der Selbstbestimmung sein."

Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) verlangte in der "Berliner Zeitung" zudem eine Debatte darüber, wann ein Mensch tatsächlich tot ist. "Aus der Wissenschaft kommen Zweifel, ob der Hirntod noch als Definition des Todes gelten kann", sagte er.

Auf eine parteiübergreifende Lösung in der Gewissensfrage hofft die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU). Im Deutschlandradio Kultur sagte sie, es gebe bislang eine Lücke zwischen der Bereitschaft, ein Organ zu spenden und der Bereitschaft, einen Spenderausweis mit sich zu tragen. Deshalb sei es wichtig, stärker um Vertrauen zu werben und mehr Aufklärung zu betreiben.

Der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zufolge sterben täglich drei Menschen, denen ein Organ verpflanzt werden müsste.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.