Gespräche über neues Wahlrecht
Die Fraktionen im Bundestag wollen sich möglichst rasch auf ein neues Wahlrecht verständigen. Dies signalisierten ihre Vertreter am Dienstag zum Auftakt der Gespräche über eine Reform des Wahlgesetzes.
Berlin - Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende Juli zentrale Punkte der 2011 von Union und FDP gegen die Stimmen der Opposition durchgesetzten Regelung für verfassungswidrig erklärt und ein neues Gesetz bis zur Bundestagswahl 2013 gefordert.
Die Union zeigte sich vor dem Treffen kompromissbereit. Man könne auch über den Vorschlag der Opposition reden, künftig sämtliche Überhangmandate auszugleichen, kündigte Fraktionsvize Günter Krings (CDU) an. "Dieser Ausgleich, auch der volle Ausgleich, ist eine Option, die wir durchaus besprechen sollten", sagte er im Deutschlandfunk. Dies habe allerdings eine Erhöhung der Zahl der Abgeordneten im Parlament zur Folge.
Die Karlsruher Richter hatten die bisherige Praxis bei den Überhangmandaten verworfen. Sie entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erhält, als ihr nach den Zweitstimmen an Sitzen zustehen. Künftig sind mehr als 15 solcher Zusatzsitze ohne einen Ausgleich nicht mehr zulässig. Bei der Bundestagswahl 2009 gab es davon 24, die alle an die Union fielen. Nach den Worten von Krings steht ein "radikaler Umsturz" des bewährten deutschen Wahlrechts nicht zur Debatte. Dies wäre etwa die Einführung eines Mehrheitswahlrechts nach britischem Vorbild, obwohl die Union damit kein "grundsätzliches Problem" habe, sagte er.
Nach seiner Ansicht muss sich auch die Opposition bewegen. So beseitige etwa das von der SPD vorgeschlagene Modell nicht das negative Stimmengewicht, bei dem das Gericht ebenfalls weitere Korrekturen verlangt hat. Nach diesem Effekt können mehr Stimmen für eine Partei bewirken, dass die gewählte Partei am Ende weniger Sitze im Parlament bekommt.
"Allein der Wählerwille darf über die Stärkeverhältnisse im Bundestag entscheiden. Dies sollte der Grundgedanke der Reform sein", erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck. Er warnte die Union vor dem Versuch, sich erneut eine Hintertür für eine Abweichung vom Wählerwillen offenzuhalten. "Ein drittes Mal sollte das Bundeswahlgesetz vom Bundesverfassungsgericht nicht aufgehoben werden."
Nach Becks Ansicht können bei gutem Willen aller Beteiligten die Gespräche rasch abgeschlossen werden. Die erste Beratung im Parlament sei dann schon im Oktober möglich. Krings meinte dagegen, dafür könne man sich mehr Zeit lassen. Streng genommen brauche die Neuregelung für die Berechnung der Mandate erst am Wahlabend vorzuliegen.
Laut dem Urteil aus Karlsruhe muss schon bei der nächsten Bundestagswahl in etwa einem Jahr nach dem neuen Wahlgesetz gewählt werden. Falls sich die Parteien nicht einigen, will das Gericht selbst eine Übergangsregelung anordnen.