Geschacher um die EZB-Spitze: Ränkespiele um Trichets Nachfolge

Der Chef der Europäischen Zentralbank hört zwar erst im Oktober 2011 auf. Doch schon heute macht sich Axel Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank, Hoffnungen, künftig die EZB zu leiten. Doch es gibt Widerstand.
FRANKFURT/M. Es ist einer der wichtigsten europäischen Posten. Bis zu seiner Neubesetzung dauert es noch. Doch hinter den Kulissen laufen bereits heftige Ränkespiele um die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Der Chef der Europäischen Zentralbank hört zwar erst im Oktober 2011 auf. Doch schon heute macht sich Axel Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank, Hoffnungen, künftig die EZB zu leiten.
Das ist berechtigt. Denn gestern fiel eine Entscheidung, die den Weg Webers auf den EZB-Chefsessel frei machen könnte. Die Finanzminister der 16 Euro-Länder nominierten den portugiesischen Notenbankchef Vitor Constancio zum neuen EZB-Vize. Als Portugiese ist Constancio ein Vertreter der europäischen „Südschiene“. Er steht für eine lockere Geldpolitik, die mit niedrigen Zinsen versucht, die Wirtschaft anzukurbeln.
Nach den Proporzregeln der Zentralbank heißt das: Für den EZB-Chefposten kommt nur noch einer aus dem Norden in Frage. Er sollte für eine „harte“ Geldpolitik stehen, die versucht, die Inflation zu bekämpfen. Weber wäre dafür der geeignete Mann. Sein Hauptkonkurrent, der Italiener Mario Drahi, wäre damit raus. Der 52-jährige Volkswirtschafts-Professor Weber hat auch die Unterstützung von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das aber reicht nicht aus, um ihn auf den Posten zu hieven. Er braucht die Stimmen der anderen Staats- und Regierungschefs (siehe rechts). Und da gibt es Widerstand.
Gestern schoss Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker quer. Die Bundesregierung solle Constancios Nominierung nicht als Vorentscheidung für Weber sehen: „Die Berliner machen sich die Welt zu einfach.“ Und: „Ich werde nicht dafür plädieren, dass Deutschland den EZB-Präsidenten stellt.“ Juncker schlägt stattdessen Luxemburgs Notenbanker Yves Mersch vor.
Ob der es allerdings werden kann, ist fraglich. Als entscheidend wird derzeit die Stimme Frankreichs angesehen. Die Franzosen werden dem Südlager zugerechnet – und haben neben Deutschland das größte Gewicht. Angeblich hat Premier Nicolas Sarkozy Bundeskanzlerin Angela Merkel seine Unterstützung zugesagt. Darauf verlassen freilich kann sich Merkel nicht. Aus dem Elysee-Palast hies es jüngst: 20 Monate vor dem Wechsel sei es für eine Entscheidung zu früh. aja