Gerichtspräsident Voßkuhle: Ceta wird oft vereinfacht
Mehrere Eilanträge deutscher Ceta-Gegner beschäftigen das Bundesverfassungsgericht.
Karlsruhe - Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, eröffnete als Vorsitzender des Zweiten Senats um 10.00 Uhr die Verhandlung in Karlsruhe. Mehrere Ceta-Gegner hatten dort Eilanträge eingereicht.
Die Kläger wollen verhindern, dass das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada in Teilen vorläufig in Kraft tritt, noch bevor der Bundestag zugestimmt hat. Die Unterzeichnung ist für den 27. Oktober in Brüssel geplant.
Im Eilverfahren haben die Verfassungsrichter zu entscheiden, ob die Bundesregierung diesem Vorgehen bei einem Ministertreffen am 18. Oktober zustimmen darf. Der Senat will nach der Verhandlung beraten und am Donnerstag sein Urteil verkünden. (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.)
Voßkuhle betonte zum Verhandlungsauftakt, dass Ceta "ein sehr komplexes Abkommen" sei. "Befürworter und Gegner des Abkommens neigen häufig zu Vereinfachungen", sagte er. Die verfassungsrechtliche Bewertung von Ceta habe "der Komplexität des Gegenstandes jedoch hinreichend Rechnung zu tragen".
Voßkuhle wies darauf hin, dass die Rechtsfragen abschließend erst zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten.
Maßnahme mit völkerrechtlichen und außenpolitischen Auswirkungen
Im Eilverfahren sei ein strenger Maßstab anzulegen. Das gelte insbesondere, wenn es um eine Maßnahme mit völkerrechtlichen und außenpolitischen Auswirkungen gehe. Es werde deshalb ganz zentral um die Frage gehen, ob die Bundesrepublik die vorläufige Anwendung nach einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen Ceta wieder beenden könne.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) verteidigte das Freihandelsabkommen vor dem Bundesverfassungsgericht. "Der Handel bekommt Regeln - die Frage ist welche", sagte der Vizekanzler. Mit Ceta versuche die EU, Regeln einzubringen, die europäische Standards sicherten. Es gehe nicht um den Verlust von Souveränität, sondern um deren Erhalt durch internationale Kooperation.
Gabriel sagte, er verstehe, dass sich die Menschen Sorgen machten. Aber: "Das, was in Deutschland an Sorgen existiert, ist in anderen Ländern der EU Hoffnung." Scheitere die Unterzeichnung des Handelsabkommens mit Kanada, stelle das Ceta grundsätzlich infrage. "Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das für Europa bedeuten könnte." In der Welt werde dann niemand mehr Vertrauen haben in die Vertragsfähigkeit Deutschlands und der EU.