Gericht hebt Abschiebeverbot gegen Sami A. auf

Der Islamist Sami A. wurde Mitte Juli nach Tunesien abgeschoben - trotz eines gerichtlichen Verbots. Monate später sichert das Land zu, dass ihm keine Folter drohe. Dies reicht dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht nun für eine Neubewertung der Lage.
dpa |
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Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Abschiebeverbot gegen den bereits abgeschobenen mutmaßlichen Islamisten Sami A. aufgehoben.
Ina Fassbender/dpa Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Abschiebeverbot gegen den bereits abgeschobenen mutmaßlichen Islamisten Sami A. aufgehoben.

Gelsenkirchen - Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Abschiebeverbot für den zunächst rechtswidrig abgeschobenen Islamisten Sami A. wieder aufgehoben.

Die Richter halten es nicht mehr für "beachtlich wahrscheinlich", dass dem mutmaßlichen Gefährder in seinem Heimatland Tunesien Folter und unmenschliche Behandlung drohen. Das Gericht gab am Mittwoch einem entsprechenden Antrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) statt.

Durch eine inzwischen bei Gericht eingegangene diplomatische Zusicherung Tunesiens werde diese Gefahr in hinreichendem Maß ausgeräumt. "Damit besteht vorerst bis zur abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren kein wirksames Abschiebungsverbot nach Tunesien", teilte das Gericht mit.

Die Darstellung der Anwältin von Sami A., er sei in Tunesien gefoltert beziehungsweise unmenschlich behandelt worden, bewertete das Gericht als nicht glaubhaft. Die Entscheidung der Kammer ist unanfechtbar (Aktenzeichen 7a L 1947/18.A).

Die voreilige Abschiebung von Sami A. am 13. Juli hatte für erheblichen Streit zwischen Justiz und Politik gesorgt. Am Tag zuvor hatte eine andere Kammer des Gelsenkirchener Verwaltungsgerichts die Abschiebung noch untersagt, der Beschluss wurde den zuständigen Behörden allerdings erst zugestellt, als Sami A. bereits im Flugzeug nach Tunis saß. Das Gericht rügte das Verhalten der Behörden und ordnete die sofortige Rückholung von Sami A. an. Diese Entscheidung wurde vom Oberverwaltungsgericht bestätigt.

Der 1997 als Student nach Deutschland gekommene Tunesier soll zeitweise der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden angehört haben. In Deutschland soll er sich als salafistischer Prediger betätigt haben. Sami A. hat die Vorwürfe stets bestritten. Die Bundesanwaltschaft leitete strafrechtliche Ermittlungen ein, die aber mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurden. Sami A. lebte vor seiner Abschiebung mit Frau und Kindern in Bochum.

Die Bundesregierung hatte sich intensiv um die Zusicherung Tunesiens bemüht, dass Sami A. dort keine Folter drohe. Das zeigte Wirkung: Die Erklärung der tunesischen Botschaft sei angesichts des Austausches auf höchster politischer und diplomatischer Ebene und des Interesses Tunesiens an einer unbelasteten Beziehung zur Bundesrepublik hinreichend verlässlich, erklärte das Gericht. Zudem förderten das Interesse der Medien, die Bekanntheit des Mannes und die politische Brisanz des Falls die tatsächliche Einhaltung der Zusicherung durch die tunesischen Behörden.

Die Stadt Bochum erklärte, sie gehe davon aus, dass jetzt auch die Rückholanordnung für Sami A. aufgehoben werde. Dazu muss die Stadt einen Antrag stellen.

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