Georgien verklagt Russland vor UN-Gericht

Moskau (dpa) - Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat vor einem groß angelegten Eroberungsfeldzug russischer Streitkräfte in Europa gewarnt und die USA erneut um Hilfe angerufen. Das Baltikum und die Ukraine könnten nach dem Einfall hunderter russischer Panzer in Georgien schon die nächsten Länder sein.
von  Abendzeitung

Moskau (dpa) - Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat vor einem groß angelegten Eroberungsfeldzug russischer Streitkräfte in Europa gewarnt und die USA erneut um Hilfe angerufen. Das Baltikum und die Ukraine könnten nach dem Einfall hunderter russischer Panzer in Georgien schon die nächsten Länder sein.

Das sagte Saakaschwili am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Er warf Russland vor, trotz der bilateralen Waffenstillstands-Erklärung weiter nach Tiflis vorzudringen. Es seien 50 Panzer in der Stadt Gori, etwa 60 Kilometer vor Tiflis, sagte der 40-jährige Politiker. Moskau hatte dies dementiert. Russische Truppen hätten bereits alle Wirtschafts- und Versorgungswege unter ihrer Kontrolle, sagte Saakaschwili weiter.

«Es geht nicht nur um Georgien», sagte Saakaschwili an die Adresse der USA. Washington müsse schleunigst Widerstand in Europa organisieren. Russland wolle die alte Sowjetunion wiederherstellen. Es handele sich um dasselbe Vormachtsdenken wie bei früheren Einmärschen der sowjetischen Truppen. Saakaschwili verwies auf Ungarn 1956 und Prag 1968. «Russland bestraft unsere Demokratie.»

«Ich liebe Amerika», sagte der 40-Jährige. Er habe immer alle vor Russland gewarnt. «Wir werden uns nicht ergeben.» Die russische Armee «plündert und brandschatzt unsere Städte». Es gebe eine humanitäre Katastrophe riesigen Ausmaßes. Die Zahl der Flüchtlinge könne auf 180 000 steigen. Saakaschwili sprach von einer «brutalen und barbarischen Okkupation» durch Russland. Vorige Woche seien 1200 russische Panzer binnen weniger Stunden nach Georgien eingefallen. «Nicht einmal Amerika ist zu so etwas in der Lage», sagte Saakaschwili.

Georgien verklagt Russland wegen der angeblichen Diskriminierung von Bürgern in den abtrünnigen Gebieten Südossetien und Abchasien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Das oberste Gericht der Vereinten Nationen soll Russland auffordern, seinen Verpflichtungen aus dem internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung nachzukommen.

Das Abkommen aus dem Jahr 1965 verbietet unter anderem die Benachteiligung oder Bevorzugung von Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft. Georgien wirft Russland in seiner Beschwerdeschrift vor, dieses Übereinkommen sowohl durch eigene staatliche Organe als auch durch die Unterstützung separatistischer Organisationen in den beiden umstrittenen Regionen verletzt zu haben. Seit 1990 habe Russland Gräueltaten gegen dort lebende Georgier und eine gewaltsame «ethnische Säuberung» unterstützt.

Wie der Gerichtshof am Mittwoch bestätigte, behält sich Georgien außerdem eine Klage auf Grundlage der Völkermordkonvention vor. Wie sich das Verfahren entwickelt, war zunächst nicht abzusehen. Prozesse vor dem Internationalen Gerichtshof ziehen sich in der Regel über mehrere Jahre hin.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.