Georgien beginnt Rückeroberung Südossetiens
Georgische Truppen sind in der südossetischen Hauptstadt Tschinwali einmarschiert. Laut den Berichten über heftige Kämpfe wurden mehr als Dutzend Menschen getötet. Viele Häuser stünden in Flammen.
Georgien hat am Freitag eine Offensive zur Rückeroberung der abtrünnigen Region Südossetien gestartet. General Mamuka Kuraschwili sagte im russischen Fernsehsender Rustawi 2, die georgischen Truppen hätten begonnen, die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen. Schon zuvor gab es Berichte über heftige Gefechte, bei denen mindestens 15 Menschen getötet wurden. «Der Angriff kommt von allen Seiten», hieß es in einer kurzen Erklärung auf der Website der Regierung der Separatisten.
Zuvor hatte bereits die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf einen Sprecher der Friedenstruppe in der abtrünnigen Region, Wladimir Iwanow, berichtet, dass die Hauptstadt Zchinwali unter schwerem Beschuss liege. Es habe «massenhaft Opfer unter Zivilisten» gegeben, teilte das Gesundheitsministerium in der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien laut Interfax mit. Am Freitag hatte demnach zuerst Südossetien zwei Kampfjets vom Typ Suchoi SU-25 zur Bombardierung georgischer Stellungen eingesetzt. Unmittelbar danach hätten fünf georgische Kampfjets gleichen Typs Angriffe auf Südossetien geflogen. Der georgische Präsident Michail Saakaschwili ordnete nach der Militäroffensive seines Landes gegen die abtrünnige Region Südossetien eine allgemeine Mobilmachung der Truppen und Reservisten an. «Nur so können wir unser Land retten», sagte Saakaschwili am Freitag laut Medien in Tiflis. Georgien kontrolliere bereits den Großteil Südossetiens, sagte Saakaschwili. Er forderte Russland auf, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.
Heftige Kämpfe
In den Außenbezirken der Stadt tobten heftige Gefechte, hieß es. Georgien habe mit Kampfflugzeugen und schwerer Artillerie angegriffen, viele Häuser in Zchinwali stünden in Flammen, erklärten die Separatisten. Die georgischen Truppen hätten Zchinwali fast vollständig eingeschlossen, fünf Dörfer seien von ihnen eingenommen worden, erklärte der georgische Minister Temur Jakobaschwili. Angesichts der zunehmenden Kriegsgefahr in Südossetien hatte der georgische Präsident Michail Saakaschwili seine Truppen erst am Donnerstag aufgefordert, das Feuer einzustellen. In einer Fernsehansprache rief er die Führung der abtrünnigen Region auf, Verhandlungen mit seiner Regierung aufzunehmen. Er schlug vor, dass Russland Garant einer weitgehenden Autonomie Südossetiens wird, das Gebiet aber bei Georgien verbleiben sollte.
Streit im UN-Sicherheitsrat
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich in einer Dringlichkeitssitzung nicht auf eine gemeinsame Linie zum Konflikt zwischen Georgien und Südossetien einigen können. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, der die Sitzung beantragt hatte, warf dem höchsten UN-Gremium in der Nacht zum Freitag mangelnden politischen Willen vor. Er und ein Vertreter Georgiens beschuldigten sich gegenseitig, für die Eskalation der Gewalt in der Region verantwortlich zu sein. Nach dem Bruch der Waffenruhe in der georgisch-südossetischen Konfliktzone hatten beide Seiten nach Angaben der Agentur Interfax Ziele mit Kampfflugzeugen bombardiert. Der amtierende Ratspräsident Jan Grauls (Belgien) sagte, das Gremium sei sich einig gewesen, dass die Situation Anlass zur Sorge gebe. Alle Mitglieder hätten sich für ein Ende der Feindseligkeiten und die Rückkehr an den Verhandlungstisch ausgesprochen. Dennoch habe man nicht zu einer gemeinsamen Erklärung gefunden. Tschurkin nannte das «absolut grotesk». Gleichwohl versicherte er, Russland werde alles tun, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. «Die russische Intervention ist ausschließlich diplomatisch und politisch», sagte er.
Unzulässige Einmischung Russlands
Der Vertreter Georgiens warf Moskau dagegen unzulässige Einmischung vor. «Russland hat klar seine Pflicht verletzt, neutral zu bleiben», kritisierte der Sprecher. Der abtrünnigen Region Südossetien warf er vor, nur wenige Stunden vor einer Verständigung mit dem Einsatz von Gewalt begonnen zu haben. Georgien sei daraufhin nur seiner Aufgabe nachgekommen, die eigene Zivilbevölkerung vor Angriffen zu schützen. Südossetien hat sich 1992 von Georgien abgespalten und ist seither de facto unabhängig. International gilt die Region jedoch als Teil Georgiens. Zweimal - 1992 und 2006 - stimmten die südossetischen Einwohner für die Unabhängigkeit von Georgien. International wurden die Referenden jedoch nicht anerkannt. Das Gebiet unterhält enge Beziehungen zu Russland. (AP/dpa)
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