Genug Platz in Kitas - oder nicht?

Die Zahl der Kita-Plätze stimmt – geht es nach der Bundesregierung. Allerdings zeigt die Statistik nur die halbe Wahrheit
von  Markus Merz

Die Zahl der Kita-Plätze stimmt – geht es nach der Bundesregierung. Allerdings zeigt die Statistik nur die halbe Wahrheit.

München Wohin mit den Kleinsten? Ab in die Kita, zu einer Tagesmutter oder auf das Betreuungsgeld zurückgreifen? Von 1. August an erhält das Thema neue Brisanz. Dann haben Eltern Rechtsanspruch auf eine Betreuung der Unter-Dreijährigen.

Doch gibt es überhaupt genügend Kita-Plätze? Jedes dritte Kleinkind unter drei Jahren, so hat das Statistische Bundesamt errechnet, benötigt einen Betreuungsplatz; insgesamt sind das 780000. Bis März fehlten laut Amt noch 183 000. Am Donnerstag hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) nun die neuesten Zahlen vorgestellt – und Optimismus verbreitet. Doch ist der berechtigt? Die AZ klärt die wichtigsten Fragen rund um den Ausbau der Kita-Plätze.

Wie lauten die aktuellen Zahlen? Ende Juni haben die Bundesländer dem Familienministerium neue Zahlen vorgelegt. Denen zufolge stehen derzeit rund 712000 Plätze für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung, bis August werden es etwa 813000 sein – gut 30000 Plätze mehr als veranschlagt. Damit ist der Bedarf statistisch gesehen mehr oder weniger gedeckt.

Was sagt Kristina Schröder? „Auf Basis der Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, dürfen wir fest davon ausgehen, dass zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs am 1. August zahlenmäßig nahezu ausreichend Kita-Plätze real in Betrieb sein werden.“ Kristina Schröder sagt aber auch: „Der Betreuungsbedarf variiert stark. Nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern auch zwischen Städten und ländlichen Regionen und auch innerhalb einer Kommune, ja sogar innerhalb eines Stadtteils.“

Wie ist die Situation in Bayern? Bis August gibt es etwa 100000 Plätze. Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer ist zufrieden: „Bis Ende 2013 wird ein Angebot mit 110000 Plätzen erwartet, was einer Versorgungsquote der Ein- und Zweijährigen von rund 52 Prozent entspricht.“ Die meisten bayerischen Kommunen, so Haderthauer, würden den Rechtsanspruch erfüllen. Nur in München und Nürnberg hätten „die Oberbürgermeister zu spät reagiert“.

Wie ist die Situation in München? Derzeit gibt es etwa 14000 Plätze. Bis Ende des Jahres sollen es 16000 sein. Rechnet man nach dem Modell von Kristina Schröder (Ein- und zweijährige Kinder), gibt es in München einen Versorgungsgrad von 54 Prozent. Die Stadt hat den Bedarf mit 60 Prozent berechnet. Ende 2013 soll der Versorgungsgrad bereits bei 67 Prozent sein. Zählt man allerdings die Kinder mit, die ihr erstes Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nur etwa 39 Prozent aller Kleinkinder versorgt.

Welche Probleme gibt es? Die Versorgung ist nicht in allen Stadtteilen gleich gut. In einigen Vierteln werden Kinder keine Platz bekommen; manche Eltern werden den Rechtsanspruch vor Gericht durchsetzen wollen. Die Stadt München beruft sich darauf, dass es zu wenige Erzieher gibt – und zu wenig Raum für neue Einrichtungen. Das lässt Schröder nicht gelten: „Die Städte wissen schon lange, dass sie einen hohen Bedarf haben. Es ist ihre Aufgabe, Platz zu schaffen.“

Wo wird getrickst? Zunächst mal ist nicht jeder der 813000 Kita-Plätze wirklich das, was man sich gemeinhin darunter vorstellt. Dazu zählen zum Beispiel auch die Plätze bei Tagesmüttern – was für die Eltern oft aber mit höheren Ausgaben verbunden ist. Außerdem spiegeln die Zahlen nicht die tatsächliche Verteilung wieder. So gibt es auf dem Land und im Osten genügend Plätze. In den großen Städten und im Westen dagegen nicht.

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