Generalkonsul Conrad Tribble: „Wir fangen doch erst an“
Amerikas neuer Generalkonsul in München über sein Land, die aktuellen Probleme Obamas – und darüber, was ihm an München gefällt.
Obama tut sich schwer – ist der anfängliche Schwung seiner Präsidentschaft schon vorbei?
Ich glaube nicht. In zwei Jahren werden wir auf die Diskussion zurückblicken und sagen: Okay, es hat ein paar Monate länger gedauert als gedacht, aber es hat sich gelohnt. Aber eine Präsidentschaft verläuft eben auch in Zyklen, sie ist ein Auf und Ab. Wir können ja auch im Ausland nicht jede Erwartung erfüllen. Aber der Obama-Schwung wird über vier Jahre halten. Wir fangen erst an.
Warum tun sich die Amerikaner mit der Krankenversicherung für alle so schwer?
Unser System bindet bisher die Krankenversicherung an den Arbeitsplatz. Das führt dazu, dass eben viele keine Versicherung haben. Das ist bei uns ein großes Thema. Und auf der anderen Seite gibt es bei uns die Einstellung, dass sich der Staat nicht zu sehr in private Dinge einmischen sollte. Das hat eine lange Tradition.
Die Deutschen beschäftigt Afghanistan beschäftigten uns stark. Warum fallen die Attacken der Verbündeten auf uns so heftig aus?
Es gibt von unserer Seite keine Beschuldigungen. Es gibt vielleicht ein paar Partner in Europa, die sich etwas konkreter ausgedrückt haben als wir. Natürlich muss aufgeklärt werden, was bei den Luftangriffen passiert ist. Aber wir warten da die Untersuchung der Nato ab. Wir haben eine sehr produktive Zusammenarbeit mit Deutschland in Afghanistan. Wir wissen es zu schätzen, dass Deutschland das drittstärkste Kontingent stellt.
Macht Deutschland in Afghanistan das Richtige und genug?
Die Frage, was ist genug, stellen wir uns ja selbst dauernd. Das Wichtigste ist: Wir brauchen Geduld und ein nachhaltiges Engagement.
Macht ihnen da die Bundestagswahl Sorgen?
Nein. Wir werden mit jeder Regierung, die die Deutschen wählen, gut zusammenarbeiten. Ich finde die aktuelle Debatte über den Einsatz auch notwendig und einer Demokratie angemessen.
Sie sind jetzt seit einem Monat hier, wie gefällt Ihnen München?
Unheimlich gut. Klasse Stadt, klasse Leute. Englischer Garten, die Biergärten, das gefällt uns sehr. Was mich fasziniert, ist diese Mischung aus Weltoffenheit und sympathischer Überschaubarkeit. München ist ein Weltdorf.
Stimmt es, dass Sie auch FC Bayern-Fan sind?
Ja, seitdem ich als Austauschschüler in Deutschland war. Sepp Maier hat mich damals beeindruckt – vielleicht auch weil ich selbst beim Baseball immer „letzter Mann“, also in der entscheidenden Position, spiele. Und egal, wo ich war auf der Welt, den FC Bayern habe ich immer verfolgt. Irgendwann werden auch die USA einmal eine führende Fußballnation sein.
Sie kommen jetzt direkt aus Bagdad. Stärker kann ein Kontrast ja kaum sein.
Das stimmt. In Bagdad leitete ich ein Wiederaufbauteam. Das war anstrengend, zum Teil auch gefährlich. Auch in unserer Brigade gab es Anschläge und Tote. Ich war gerade wieder Vater geworden, das war also nicht einfach. Später hat sich die Sicherheitslage stark verbessert
Nicht dass Ihnen München nicht zu langweilig wird...
Ich wollte ja unbedingt nach Deutschland. Die nächsten drei Jahre hier in Bayern sind eine gute Gelegenheit, die Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika weiter zu intensivieren. Nach den schwierigen letzten Jahren sind wir da sehr zuversichtlich. Wir wollen zuhören und auch die erreichen, die uns vielleicht nicht ganz so gewogen sind.
Interview: mue, tha, zo
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