Gegen München 2018: Grüne ziehen sich aus Olympia-Kuratorium zurück
FREIBURG - Die Grünen fallen in fast vergessene Zeiten zurück: Mit einem Misstrauensvotum gegen ihre Chefin Claudia Roth und deren Pro-Olympia-Kurs packt die Basis mal wieder die alten Fundi-Rituale aus
Die Grünen stehen sich wieder einmal selbst im Weg: Mit einer peinlichen Schlappe für Parteichefin Claudia Roth haben die Delegierten auf dem Parteitag am Wochenende längst eingemottet geglaubte Fundi-Folterwerkzeuge ausgepackt. Gegen den Willen des Vorstands beschloss die Basis spät abends ein klares Nein zur Münchner Olympiabewerbung.
Das ist ein klares Misstrauens-Votum vor allem für Claudia Roth. Die saß bislang im Münchner Olympia-Kuratorium. Jetzt nicht mehr: Am Morgen nach der Schlappe ging sie wieder ans Mikro und teilte den Delegierten schmallippig mit, sie werde den Sitz niederlegen und sich nicht mehr für Olympia engagieren – „zur Information und zur Beruhigung“ für die Basis.
Dass der Parteitag ein hartes Pflaster für die Grünen-Ikone wird, hatte sich schon zuvor abgezeichnet. Der bayerische Grünen-Verband, in dem sie Mitglied ist, trägt ihren Pro-Olympiakurs ohnehin nicht mit – bei der Neuwahl des Vorstands konnte Roth das in Zahlen ablesen. Nur 79,3 Prozent bekam die 55-Jährige zum Auftakt ihrer fünften Amtszeit an der Parteispitze – das sind fast zehn Punkte weniger, als Roths Ko-Vorsitzender Cem Özdemir für sich einfahren könnte.
Dabei hatte alles so fröhlich und heiter laufen sollen im symbolträchtigen Freiburg. Dort sind die Grünen schon da, wo sie auch in den Ländern und im Bund hinwollen: an der Regierung. Seit 2002 steht Grünen-Mann Dieter Salomon als erster Öko-OB an der Rathausspitze einer deutschen Großstadt.
Und auf dem Parteitag geben die Grünen zunächst das Motto Attacke aus: scharfe Angriffe auf Schwarz-Gelb, dazu Beschlüsse, die die eigenen Wähler motivieren und das Umfragehoch bei über 20 Prozent sichern sollen. Ein einmütiges Nein zur Atomwende, einiges Gegrummel dann schon beim Thema Gesundheit, bei dem die Grünen Gutverdiener stärker belasten wollen. Dafür gelingt eine Entschärfung des internen Streits über die Rente mit 67: Da liegt ein Teil der Partei auf CDU-Linie und will sie einführen, um das System zu sichern. Andere argumentiert links und warnt vor einer Rentenkürzung. Kompromiss: Thema vertagt...
So wäre die auf Harmonie bedachte Parteitagsregie gut aufgegangen, hätte es nicht das Olympiathema gegeben. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) setzte sofort noch und hielt den Grünen einen „schweren Fehler“ vor. Die Grünen fielen „diesem gemeinsamen deutschen Anliegen in den Rücken“. Kopfschütteln auch bei den Olympia-Organisatoren: Kuratoriumschefin Katarina Witt bedauerte, man verliere mit Roth „eine sportaffine, starke Mitstreiterin“. mue
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