Trotz Schutzstatus: Geflüchtete machen Urlaub in Afghanistan - Aiwanger poltert

Seit drei Jahren sind die radikalislamischen Taliban wieder an der Macht. Die Bevölkerung leidet, vor allem die Frauen. Einige Geflüchtete scheint es dennoch – vorübergehend – zurückzuziehen.
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Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) poltert gegen Flüchtlinge, die in ihrer Heimat Urlaub machen.(Archivbild)
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) poltert gegen Flüchtlinge, die in ihrer Heimat Urlaub machen.(Archivbild) © Sven Hoppe/dpa

Kabul - Exakt drei Jahre ist es nun her, dass mit dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan und nach einer Blitzoffensive der Taliban die Hauptstadt Kabul wieder an die Islamisten fiel - als letzte Stadt des Landes. Nach der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani und dem endgültigen Zusammenbruch der vom Westen gestützten Regierung blieb eine traumatisierte und kriegsmüde Bevölkerung zurück, die unter den Taliban seither weitgehend international isoliert lebt und mit hoher Armut kämpft. Trotzdem scheint es Geflüchtete zu geben, die in ihrer alten Heimat Urlaub machen. Das legen zumindest Recherchen des Magazins RTL-Extra nahe.

"Die Hälfte des Landes darf nicht mehr das tun, was zum normalen Leben dazu gehört"

Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban seien mindestens 1,4 Millionen Mädchen in Afghanistan vom Schulverbot ab der siebten Klasse betroffen. Dies seien rund 300.000 mehr als bei der Zählung im April 2023, schlägt die Unesco Alarm. Frauen haben die Islamisten von allen Universitäten verbannt. "Die Hälfte des Landes darf nicht mehr das tun, was zum normalen Leben dazu gehört: Arbeiten, alleine ins Krankenhaus oder Restaurant gehen, singen, sein Gesicht auf der Straße zeigen, als Teenager die Schule besuchen, Frau sein", sagt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Ihr Blick sagt alles: Vor allem Frauen leiden unter der Herrschaft der Taliban.
Ihr Blick sagt alles: Vor allem Frauen leiden unter der Herrschaft der Taliban. © Ebrahim Noroozi/ dpa

"Die stark von humanitärer Hilfe abhängige afghanische Bevölkerung ist in einem Kreislauf aus Armut, Vertreibung und Verzweiflung gefangen", schreiben zehn Hilfsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung zum Jahrestag. Demnach sind derzeit fast 24 Millionen der insgesamt rund 40 Millionen Menschen in der Bevölkerung von humanitärer Hilfe abhängig. Mehr als sechs Millionen seien innerhalb des Landes vertrieben. Die Arbeitslosigkeit habe sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. "Die anhaltende Wirtschaftskrise, das Erbe jahrzehntelanger Konflikte, die Auswirkungen des Klimawandels und die Geschlechterkrise haben einen verheerenden Tribut in dem Land gefordert", heißt es in der Mitteilung.

Bilder auf Sozialen Medien zeigen Geflüchtete in ihrer alten Heimat

Dennoch scheint es Menschen, die vor den Taliban nach Deutschland und Europa geflohen sind, nach Afghanistan zurückzuziehen - zumindest kurzfristig. Davon berichten afghanische Geflüchtete in einem Recherchegespräch mit RTL-Extra: "Viele Afghanen aus Europa gehen aktuell für Urlaub zurück. Sogar aus London, aus Deutschland, machen Urlaub.” Nach Angaben des Senders seien auch auf Sozialen Medien wie TikTok Bilder zu sehen, die Geflüchtete bei ihrem Besuch in der alten Heimat zeigen sowie ihre Erlebnisse vor Ort.

Reisebüros organisieren die nötigen Visa für den Trip nach Afghanistan

Wie kann das sein? "Schutzberechtigten, die in ihr Herkunftsland reisen, droht der Verlust ihrer Aufenthaltserlaubnis", warnt etwa das UNHCR Deutschland. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) spreche die Flüchtlingsanerkennung oder subsidiären Schutz zu, um die betroffene Person vor Verfolgung oder einem schwerwiegenden Schaden im Herkunftsland zu schützen. "Bei einer Rückkehr kann es passieren, dass die deutschen Behörden ein Widerrufsverfahren einleiten. Es besteht die Gefahr, dass die Aufenthaltserlaubnis widerrufen wird."

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Laut RTL gebe es jedoch eine Vielzahl an Reisebüros, die die nötigen Visa für deinen Trip über den Iran nach Afghanistan organisierten: "Machen wir. Kein Problem." Diese Visa befänden sich auf einem losen Blatt Papier, das nach der Rückreise problemlos aus dem Reisepass entfernt werden könne, sodass sich nichts mehr rückverfolgen lasse.  Der Sender hat nach eigenen Angaben bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser nachgefragt, ob sie Kenntnis von diesem Vorgehen habe. Diese habe die Verantwortung von sich gewiesen. "Also erstmal ist es nicht unsere Aufgabe als Bundesinnenministerium, sondern der örtlichen Ausländerbehörden, darauf zu achten, dass sowas nicht passiert", zitiert RTL die SPD-Politikerin.

Aiwanger poltert gegen Bundesinnenministerin Faeser

Verwunderte Kritik kommt aus der Opposition - und aus Bayern. "Was mich überrascht, ist, dass die Bundesregierung sich mit diesem Phänomen überhaupt nicht auseinanderzusetzen scheint", so der CDU-Rechtspolitiker Thorsten Frei. "Wir haben erst unlängst die Bundesregierung danach gefragt, wie viel Aufenthaltserlaubnisse denn aufgrund von Urlaub in Herkunftsländern entzogen worden sind. Und die Antwort war: Wir wissen es nicht, weil wir keine Statistik darüber führen.”

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister im Freistaat und Freie-Wähler-Chef, poltert via X: "Wer als Asylbewerber z.B. aus Afghanistan kommt, weil er dort angeblich verfolgt wird und dann dort wieder Urlaub macht, dem muss sofort die Aufenthaltserlaubnis bei uns entzogen und Leistungen voll gestrichen werden." Alles andere sei Betrug am Steuerzahler und untergrabe das Ansehen des Staates bei gesetzestreuen Bürgern.

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  • Geradeaus-Denker am 18.08.2024 22:52 Uhr / Bewertung:

    Unser Hubsi lebt noch.
    Ich sage es ungern. Hier hat er zusammen mit vielen Kritikern Recht.
    Die Antwort der Bundesinnenministerium finde ich schwach.
    Ich finde es extrem wichtig, Asylmissbrauch zu unterbinden. Wenn wir das nicht tun, laufen wir Gefahr, dass wir wegen Missbrauch keine Kapazität mehr haben. Die wirklich Hilfe brauchen!

  • Der wahre tscharlie am 17.08.2024 17:48 Uhr / Bewertung:

    Naja, poltern kann der Aiwanger ja. Das wissen wir doch seit Erding.
    Dass hier sofort eine rechtslastige Schnappatmung herrscht, verständlich.
    Dabei geht es anscheinend um Einzelfälle und nicht um ein System.
    Und bei Berichten von RTL bin ich eh ganz vorsichtig.

  • FRUSTI13 am 16.08.2024 12:01 Uhr / Bewertung:

    Schon finanziell kann da etwas nicht mit Rechten Dingen zugehen. Von Bürgergeld kann man nicht regelmäßige Flugreisen finanzieren! Egal wohin!

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