Gauweiler: "Ich will der CSU einheizen"

Im AZ-Interview: CSU-Politiker Peter Gauweiler über die Probleme seiner Partei, seinen Kampf gegen den Euro und den ewigen Konkurrenten Christian Ude.
AZ: Sie haben Christian Ude geschrieben: „Wen die Götter strafen wollen, dessen Wünsche erfüllen sie.“ Ist jetzt die CSU mit Ihnen als Co-Vorsitzendem gestraft? Oder Sie mit der schwächelnden CSU?
PETER GAUWEILER: Bitte die nächste Frage.
Wie schlecht muss es der CSU gehen, dass Sie mit 62 Jahren nochmal ran wollen?
Hab ich auch schon mal gehört. Weiter bitte.
Horst Seehofer hat eine neue CSU propagiert. Aber keiner verkörpert die alte CSU und das System Franz Josef Strauß so wie Sie. Geht's jetzt wieder rückwärts?
Ist das ein Kompliment?
Wie sehen Sie's?
Ich habe es nie als Beleidigung angesehen, ein Vertreter der Strauß-CSU zu sein.
Sehnt sich die CSU nach der Vergangenheit?
Ältestes bewahrt mit Treue, freundlich aufgefasstes Neue.
Sie zitieren Johann Wolfgang von Goethe. Manche behaupten, nachdem Sie vor 17 Jahren als bayerischer Umweltminister zurücktreten mussten, sei Ihnen Ihre Partei wurscht gewesen.
Die CSU war mir keinen einzigen Tag im Leben wurscht.
Sie gelten als einer der faulsten Bundestagsabgeordneten, haben sich in Berlin bei Sitzungen kaum blicken lassen.
Vielen Dank. Aber Volksvertreter und Parlamentarier hat was mit parlare, mit reden und öffentlichem Argumentieren zu tun und nicht mit sedere, also sitzen. Wir sind keine Sedarier.
Sedarier?
Ein von mir erfundenes Wort: ewiger Sitzenbleiber, ewiger Dabeihocker. Was hat das mit fleißig im Gegensatz zu faul zu tun?
Seien Sie ehrlich, ging's Ihnen nicht immer nur um Ihr eigenes Ego?
Jede politische Tätigkeit hat immer auch was mit Werbung für sich selber, also mit Selbstlob zu tun. Das hat was Egomanisches und gibt der Sache keinen feinen Zug. Aber ich kann’s nicht ändern. Da müsste man die Gentechnologie einsetzen.
Bei Ihrem Nein zum Irak- und zum Afghanistan-Krieg gaben Ihnen ja viele Recht. Aber Ihr Anti-Eurokurs? Wo würde Deutschland stehen, wenn wir noch Ihre geliebte D-Mark hätten?
Ohne unsere Debatte von damals hätte es den historischen Kompromiss auf die Stabilitätskriterien nie gegeben. Helmut Kohl war der Vater des Euro. Theo Waigel der Vater der Stabilitätskriterien. Der Sündenfall war das Abweichen von den Stabilitätskriterien. Zu denen müssen wir wieder zurückkehren. Ich begreife nicht, was man da dagegen haben kann.
Deutschland bürgt mit 211 Milliarden Euro für Griechenland. Sind das nicht „Peanuts" im Vergleich zu Bayern? Dort müssen die Steuerzahler mit zehn Milliarden für die BayernLB bürgen.
Beides geht auf dieselbe Ursache zurück. Auf den Crashkurs, den uns diese rasend wachsenden Finanzderivate gebracht haben. Dabei geraten ganze Staaten ins Wanken. Nun meint man, mit so einem Rettungsschirmchen etwas ausrichten zu können.
Bei der BayernLB war's wohl mehr der Größenwahn Ihrer Partei.
Alle Landesbanken in Deutschland haben sich verspekuliert. Es war die fahrlässige Verabschiedung von der Realwirtschaft, die Flucht in die Derivate-Spekulation, die die Beteiligten blind und taub für die Risiken gemacht hat.
Glauben Sie, die CSU mit Ihrer Euro-Skepsis wieder flottmachen zu können?
Die CSU ist nicht unflott. Sie hat Probleme. Aber sie steht als Volkspartei am besten da. Ich biete nur an, einen kleinen Beitrag zu leisten. Ich will 2013 nicht gefragt werden, warum es schief gegangen ist. Und ich selber habe nichts getan. Also ich stelle mich zur Verfügung.
Einer Ihrer wichtigsten Termine ist Weihnachten, wenn Sie die „Heilige Nacht" von Ludwig Thoma lesen. Hofft die CSU mit Ihnen aufs Christkind?
Bei uns stirbt die Hoffnung nie.
In Wahrheit ist es doch die Kandidatur von Ude, die Sie herausgefordert hat?
Die Kandidatur von Christian Ude ist für die CSU ein richtiger Wachmacher, das stimmt.
Wird es die Revanche für den OB-Wahlkampf 1993, den Sie nur hauchdünn gegen Ude verloren haben?
Die eine Erfahrung langt mir.
Haben Sie mit so viel Zuspruch für Ihre Kandidatur gerechnet?
Mit Aufmerksamkeit hab' ich schon gerechnet. Aber nicht mit so viel. Es ist ja nur so ein Stellvertreter-Posten.
Immerhin erwarten viele CSU-Delegierte von Ihnen, dass Sie Horst Seehofer kräftig einheizen.
Ich will der CSU als unserer bayerischen Lokomotive einheizen. Die schleppt uns alle. Horst Seehofer wird von mir unterstützt. Er ist mir aus der Ferne vertraut, schon seit seiner Zeit als Bonner und Berliner Minister. Seine Unabhängigkeit hat mir immer gefallen.
Sie sind ein Alphatier und Einzelgänger. Können Sie sich in einem Team dem Parteichef überhaupt unterordnen?
Im Lied der Franken heißt es schon: „Wie gerne wär' ich mitgewallt, ihr Pfarr' wollt mich nicht haben! So muss ich seitwärts durch den Wald als räudig Schäflein traben."
Als Edmund Stoiber Sie ins Kabinett zurückholen wollte, haben Sie gesagt, es interessiere Sie nur noch ein Job, und der sei von ihm besetzt.
Die Zeiten sind vorbei. Ich bin politisch – hoffentlich bis ich sterbe. Aber mein Beruf ist nicht mehr Politiker. Ich bin ein freier Advokat. Der will ich auch bleiben.