Gauck: "Verbunden mit Hellas"

Bundespräsident Joachim Gauck auf einer nicht leichten Reise in Griechenland. Zwischen möglichen Reparationen und mühsamer Erholung
von  tan
Empfang mit militärischen Ehren: Joachim Gauck mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias (84, l.).
Empfang mit militärischen Ehren: Joachim Gauck mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias (84, l.).

Athen - Freundliche Worte, nicht mehr und nicht weniger: Bundespräsident Joachim Gauck war auf Staatsbesuch in Griechenland – auch, um im schwierig gewordenen Verhältnis Brücken zu schlagen. Doch es bleiben heikle Punkte in den Beziehungen.

Bei Gaucks Pressekonferenz mit seinem Kollegen Karolos Papoulias wurden Meinungsverschiedenheiten deutlich. Papoulias sagte, sein Land habe die Forderungen nach Reparationen nie aufgegeben. „Wichtig ist, dass diese Frage gelöst wird durch die Aufnahme von Verhandlungen so schnell es geht.“ Gauck widersprach. „Sie wissen, dass ich darauf nur antworten kann, dass der Rechtsweg dazu abgeschlossen ist.“ Deutschland sei aber bereit, die moralische Schuld anzuerkennen.

Die deutschen Nazi-Besatzer hatten Griechenland 1942 zu einer Zwangsanleihe von 476 Millionen Reichsmark an Deutschland genötigt. Dieses Geld wurde nie zurückgezahlt. Bei drei Prozent Zinsen wären das heute sechs Milliarden Euro. Zudem gibt es in Athen Überlegungen, Reparationsforderungen von bis zu 162 Milliarden Euro für die Zerstörungen während der Besatzungszeit zu stellen.
Gauck sprach dem 84-jährigen Papoulias seinen persönlichen Respekt aus: „Als junger Mann haben Sie gegen das böse Deutschland gekämpft.“ Deswegen sei es besonders wichtig zu betonen, „wie sehr ich ein Deutschland vertrete, das so grundsätzlich anders ist als jenes Deutschland“.

Jahrzehntelang war das Verhältnis der beiden Länder gut. Dann, mit der Schuldenkrise, trübte es sich ein: Teile der deutschen Öffentlichkeit glauben, dass sie die „Pleite-Griechen“ durchfüttern müssen. Teile der griechischen Öffentlichkeit glauben, dass Berlin mit seinen harten Sparauflagen das Land erst recht in den Ruin treibt. Gauck griff die Misstöne auf: „Wir bleiben solidarisch mit Griechenland, als Deutsche und als Europäer. Die meisten Deutschen hegen freundschaftliche Gefühle gegenüber Griechenland.“

Erste leise Hoffnungsschimmer

Von griechischer Seite erfuhr er jedenfalls keine Feindseligkeiten – anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch 2012, als es große Wut-Demos gab. Am Rande von Gaucks Besuch gab es Rangeleien mit Demonstranten einer kommunistischen Gewerkschaft, die gegen Arbeitsplatzabbau protestieren, sonst blieb es ruhig.

Gauck machte auch seine Verbundenheit zu Griechenland deutlich. Als Schüler in der DDR hat er Altgriechisch gelernt. „So waren wir ganz oben an der Ostsee verbunden mit Hellas. Und jetzt sieht der alte Mann, was der junge Mann vor seinem geistigen Auge erträumt hat.“ Am Abend wollte er eine Rede halten. Außerdem hatte er Treffen mit jungen Menschen, Unternehmen und auch dem schärfsten EU-Kritiker Alexis Tsipras. Am heutigen Freitag wird er mit Papoulias das Dorf Lingiades besuchen, wo die deutsche Wehrmacht 92 Zivilisten massakriert hatte.

Über allem schwebte die aktuelle Finanzkrise. Es gibt einen leichten Hoffnungsschimmer: Erstmals macht Athen wieder einen primären Überschuss (also ein Plus, wenn man die Zinszahlungen außer acht lässt), auch gibt es nach Jahren der Rezession ein Mini-Wachstum der Wirtschaft. Das speist sich vor allem aus Tourismus und Exporten, der einheimische Konsum geht noch immer zurück. Die Reformbemühungen, den Staat zu verschlanken, sind ins Stocken geraten. „Griechenland ist noch nicht aus dem Schneider“, warnt die Troika.

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