Gaddafis Haus bombardiert: Krieg den Palästen
Drei Nato-Raketen trafen das Haus von
Zersplittertes Glas, blutige Decken, nur der Flachbildschirm blieb ganz. Die Nato-Rakete war ein Volltreffer im Haus von Saif al-Arab Gaddafi. Der Sohn und drei Enkel von Muammar Gaddafi kamen ums Leben. Gaddafi selbst blieb unversehrt. Drei Luft-Boden-Raketen schlugen am Samstagabend ein. Offensichtlich hat die Nato eine neue Strategie: Krieg den Palästen.
Saif al-Arab (29) war der jüngste Sohn des Diktators. Er lebte mehr als vier Jahre in München (siehe unten). Die Nato bestätigte den Tod des Sohnes von Gaddafi zunächst nicht.
Laut libyscher Regierung kamen auch drei Enkelkinder Gaddafis um. Gaddafi selbst und seine Frau seien unverletzt, hieß es. Die Nato sprach von einem Angriff auf ein „Kommando- und Kontroll-Gebäude“ im Stadtteil Bab al-Asisija in Tripolis. „Ich weiß von unbestätigten Medienberichten, wonach einige Mitglieder der Familie Gaddafis getötet worden sein könnten“, erklärte der Kommandeur des Nato-Einsatzes, General Charles Bouchard.
Gaddafis Sprecher Ibrahim sprach von einem gezielten Angriff auf das Leben von Muammar al-Gaddafi. „Wir glauben, dass es jetzt für jeden klar ist, dass das, was hier in Libyen geschieht, nichts mit dem Schutz von Zivilisten zu tun hat.“ Das Haus von Saif al-Arab al-Gaddafi sei mit voller Wucht angegriffen worden. „Der Führer war mit seiner Frau in dem Haus. Er ist bei guter Gesundheit, ihm ist nichts geschehen.“
Das Fernsehen zeigte Bilder von dem total zerstörten Gebäude. Das Haus, das laut BBC in einer exklusiven Wohngegend liegt, soll von mindestens drei Raketen getroffen worden sein. Aufnahmen des libyschen Staatsfernsehens zeigten eine nicht explodierte Rakete in den Trümmern.
„Alle Nato-Ziele sind militärischer Natur und stehen in klarer Verbindung zu den systematischen Angriffen des Gaddafi-Regimes auf die libysche Bevölkerung und bewohnte Gebiete“, sagt Nato-General Bouchard. Der britische Premierminister David Cameron verteidigte die Nato-Luftangriffe ebenfalls. Die Nato wähle ihre Ziele für Luftschläge in Libyen strikt unter Einhaltung der Vorgaben der UN-Resolution 1973 aus, sagte er. In der „New York Times“ hieß es dagegen, ein Angriff in einem dicht besiedelten Gebiet werfe die Frage auf, wie weit das Nato-Mandat ausgelegt werden könne.
In der Rebellenhochburg Bengasi im Osten Libyens wurde die Nachricht vom Tod des Gaddafi-Sohnes unterschiedlich aufgenommen. Viele feierten in der Nacht. Der Tod von Saif al-Arab al-Gaddafi bedeute, dass sein Vater nun schwächer sei als zuvor, erklärten die jubelnden Menschen.
Von anderen Vertretern der Aufständischen wurde die Todesmeldung angezweifelt. Gaddafi könnte versuchen, damit um Sympathien zu buhlen, nachdem sein Angebot einer Waffenruhe zurückgewiesen wurde.
Saif al-Arab ist möglicherweise bereits der zweite Gaddafi-Sohn, der seit Ausbruch des Aufstandes getötet wurde. Chamies (31) sei Mitte März ums Leben gekommen, als ein Pilot der libyschen Luftwaffe seinen Kampfjet absichtlich über Bab al-Asisija zum Absturz brachte. Von der Regierung in Tripolis wurden diese Berichte jedoch damals bestritten.
Die Nato folgt einer neuen Strategie und nimmt verstärkt Regierungspaläste, militärische Hauptquartiere und Kommunikationseinrichtungen ins Visier. Die Allianz will damit Gaddafis Regime ins Mark treffen. Alle bisherigen Versuche, die Regierungstruppen von Angriffen auf Zivilisten und umkämpfte Städte wie Misrata abzuhalten, sind misslungen. Ein weiteres Ziel: Die Hauptstadt Tripolis soll von den kämpfenden Truppen abgeschnitten werden.