Gaddafi: Das Ende eines Wahnsinnigen
Muammar Gaddafi hielt sich für den „König der Könige von Afrika”. Er wurde im Westen hofiert und nannte seine Gegner „Ratten”. Jetzt endete sein Leben -an einem Wasserrohr.
Tripolis - Bis zuletzt spielte er Verstecken, führte er seine Gegner an der Nase herum, narrte er seine Häscher. Muammar Gaddafi, selbsternannter „König der Könige von Afrika” schien nicht zu fassen. Erst hieß es, er sei gefangen genommen, dann, er sei erschossn worden. Erst mochte der Übergangsrat der Rebellen das nicht bestätigen – schließlich sagte der Informationsminister: Der Diktator ist tot. Sein Versteckspiel endete in einem Wasserrohr. Muammar al-Gaddafi, geboren und gestorben in Sirte, war Jahrzehnte die schrillste Figur in der Riege der arabischen Despoten.
Er hielt sich für unfehlbar und konnte Niederlagen nicht eingestehen. Sein Größenwahn vernebelte ihm so sehr den Blick, dass er nicht verstehen konnte, weshalb die Mehrheit des libyschen Volkes im Frühjahr 2011 seinen Sturz forderte. Auch nach Beginn des Aufstandes Mitte Februar gab Gaddafi noch markige Parolen aus: „Wir können jeden Angriff abwehren und das Volk bewaffnen, wenn nötig”, sagte er. Die Revolutionäre beschimpfte er als „Ratten”, die er bis zur letzten Patrone bekämpfen werde.
Das war das Stichwort, dass die Nato zum Eingreifen bewog. Gaddafi hätte nach seiner Machtergreifung 1969 am liebsten gleich die gesamte arabische Welt mit seiner hausgemachten Volksbefreiungsideologie beglückt. Doch die Araber zeigten ihm die kalte Schulter. Enttäuscht wandte er sich den Afrikanern zu, die ihn dank großzügiger Spenden gerne in ihrer Mitte aufnahmen.
Gaddafi wurde mit den Jahren immer neurotischer und aufbrausender. Er misstraute fast jedem. Er achtete darauf, dass niemand außer ihm selbst in Libyen Berühmtheit erlangte und verließ sich auf die eigene Familie. Gaddafi führte sein Land erst von der Monarchie in eine Art Volksrepublik.
Dann sorgte er dafür, dass Libyen international als einer der Hauptsponsoren des Terrorismus galt. Das Attentat von Lockerbie, als im Dezember 1988 ein Panam-Jumbo über dem schottischen Ort explodierte, ging auf die Planung der Gaddafi-Schergen zurück. 270 Menschen starben. Im Jahr 2003 verkündete er dann plötzlich, Terror und Aufrüstung seien sinnlos. Deshalb werde er nun die Unterstützung von Extremistengruppen beenden und alle Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen einstellen.
Belohnt wurde Gaddafi für diese Kehrtwende mit verbesserten Beziehungen zum Westen. Besonders eng wurde der Kontakt zu Italien – wohl auch, weil sich Gaddafi und der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf der menschlichen Ebene bis zuletzt gut verstanden hatten.
Das von Gaddafi geschaffene System war so korrupt und ineffektiv, dass der Lebensstandard in Libyen trotz der großen Öl-Reserven nicht besonders hoch war. Ohne Gaddafi ging nichts in den vergangenen vier Jahrzehnten. Gaddafi, der 1942 als Sohn eines nomadisierenden Bauern geboren wurde, liebte den Kult um seine Person. Er ließ seine Fotos überall aufhängen. Wenn er in New York oder Brüssel weilte, schlief er in einem luxuriösen Zelt. Er trug bunte Gewänder mit klimpernden Orden, ließ sich von weiblichen Leibwächtern schützen und machte sich einen Spaß daraus, Staatsgäste vor laufenden Fernsehkameras zu brüskieren. Nach dem Einmarsch der Rebellen in Tripolis verschwand er mit unbekanntem Ziel.
In Sirte ging seine Flucht zuende.
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