Gabi macht ernst: Mit der Pauli-Partei in den Bundestag

MÜNCHEN - Die ehrgeizige Europa-Spitzenkandidatin der Freien Wähler (FW) hat Ambitionen auf die Bundespolitik - und düpiert mit einem beispiellosen Alleingang die FW-Vorsitzenden. Sie will eine eigene Partei gründen. Droht jetzt die Spaltung der Freien Wähler?
Erst rebellierte sie in der CSU. Und jetzt droht Gabriele Pauli auch noch, die Freien Wähler zu sprengen. Weil die Partei es nicht ins Europaparlament geschafft hat, will Pauli jetzt eine eigene Partei gründen – und mit ihr schon bei dieser Bundestagswahl antreten.
Die eigenen Parteichefs hat Pauli mit ihren Plänen völlig überrumpelt. "Sie hat’s mir am Sonntagabend am Telefon gesagt", sagt ein sichtlich genervter Hubert Aiwanger gestern im Münchner Presseclub. Und wann haben die Journalisten davon erfahren? "Das lief irgendwie parallel", grummelt der Landeschef. Eigentlich will er hier das Wahlergebnis analysieren – doch stattdessen wird es eine große, verrückte Pauli-Show.
Ganz Diva kommt Pauli zwanzig Minuten zu spät
Wie es sich für eine Diva gehört, kommt die Hauptperson zwanzig Minuten zu spät. Während Aiwanger und der Freie-Wähler-Bundeschef Armin Grein drinnen mit finsteren Mienen warten, weil ihnen keiner mehr Fragen stellen will, gibt Pauli im Foyer ungerührt Interviews. Minutenlang. Schließlich schickt Aiwanger einen Mitarbeiter raus, um Pauli zu holen.
Pauli, im knallorangenen Minikleid, genießt ihren Auftritt. "In den letzten vier Wochen habe ich viele Bürger getroffen, die mir gesagt haben, ich soll auf Bundesebene weitermachen." Und mit einem treuherzigen Lächeln fügt sie hinzu: "Einer musste diesen Anfang machen, und das bin jetzt ich."
An ihrer Idee einer "Ehe auf Zeit" will Pauli festhalten
In einer "guten Woche" will Pauli jetzt ein "Leitpapier mit Grundgedanken" vorlegen. Es soll im Wesentlichen auf dem Programm basieren, mit dem sie sich 2007 um den CSU-Vorsitz beworben hatte. Auch die Ehe auf Zeit wird Teil des Programms sein – "aber das ist nicht unbedingt an sieben Jahre geknüpft", sagt Pauli.
Ihr Landtagsmandat will sie behalten. Weil die Freien Wähler keine Partei sind, sondern nur eine Wählervereinigung, sei das kein Problem. Und eine Spaltung der Freien Wähler fürchtet sie auch nicht: "Ich mache ein Angebot an viele, sich mir anzuschließen. Jeder der will, kann mitmachen."
"Wir machen nicht alles, was Frau Pauli vorschlägt"
Hubert Aiwanger hat inzwischen einen knallroten Kopf, er schwitzt und beißt sich nervös auf die Unterlippe. "Ich trete da nicht ein", erklärt er sofort. Und sein Bundeschef Armin Grein fügt hinzu: "Frau Pauli ist für ihre immer neuen Ideen bekannt. Wir machen aber nicht alles mit, was die Frau Pauli so vorschlägt."
Inzwischen ist die Stimmung bei den Zuhörern von Verblüffung in offene Heiterkeit umgeschlagen. Die demontierte Parteispitze sitzt da wie versteinert und Pauli grinst verschmitzt. Wie die neue Partei heißen soll? "Also nicht Freie-Wähler-Partei", stellt Grein klar. "Wir werden einen guten Namen finden", flötet Pauli.
Und wie geht’s jetzt mit den Freien Wählern weiter? Kann Pauli unter diesen Umständen Mitglied bleiben? Aiwanger düster: "Das sind Details, die wir dann zu überlegen haben."
Annette Zoch