G7-Länder wollen "zügig" weitere Sanktionen gegen Russland erlassen

Washington/Kiew (dpa) Die G7-Staaten haben sich darauf geeinigt, "zügig" neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Das erklärte die Gruppe am Samstag in einer gemeinsamen Mitteilung.
von  dpa

Die G7-Staaten haben sich darauf geeinigt, "zügig" neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Das erklärte die Gruppe am Samstag in einer gemeinsamen Mitteilung.

Washington/Kiew  - Aus dem Weißen Haus in Washington wurde bekannt, dass die weiteren Strafmaßnahmen bereits am Montag verhängt werden könnten. Zur Begründung hieß es, Russland habe keine konkreten Handlungen unternommen, um die Genfer Einigung auf einen Friedensplan in der Ukraine zu unterstützen. Stattdessen habe Moskau die Spannungen "mit einer zunehmend besorgniserregenden Rhetorik und anhaltenden bedrohlichen militärischen Manövern" weiter eskalieren lassen.

In der Mitteilung kündigten die G7-Mächte an, nun "volle rechtliche und praktische Konsequenzen" gegen den illegalen russischen Versuch zu vollziehen, die Krim und Sewastopol zu annektieren. Diese Maßnahmen könnten über die Bereiche Wirtschaft, Handel und Finanzen hinausgehen. Den G7 gehören Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien und die USA an.

Zugleich betonte die Gruppe, dass die Tür zu einer diplomatischen Lösung der Krise weiter offenstehe. "Wir drängen Russland dazu, uns dabei zu folgen, diesen Pfad zu beschreiten."

Russische Kampfjets drangen nach Pentagonangaben zuletzt mehrfach in den ukrainischen Luftraum ein. Die Flugbewegungen seien in den vergangenen 24 Stunden nahe der russischen Grenze verzeichnet worden, hieß es am Freitagabend (Ortszeit) aus dem US-Verteidigungsministerium in Washington. Die Gründe für die Überflüge seien unklar. US-Medien spekulierten, ob es eine Machtdemonstration Russlands war oder möglicherweise ein Test des ukrainischen Radars.

Am Freitag wurden Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Slawjansk in der Ostukraine von prorussischen Separatisten festgesetzt, wie die Regierung in Kiew und moskautreue Aktivisten vor Ort übereinstimmend berichteten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte Russland in einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow auf, sich für die Freilassung der Beobachter einzusetzen. Der Minister habe in dem Telefonat am späten Freitagnachmittag seine Sorge über den Fall geäußert, hieß es aus seinem Umfeld. Am späten Abend habe sich das Auswärtige Amt noch einmal hochrangig an die russische Botschaft in Berlin gewandt. Zudem wurde ein Krisenstab im Auswärtigen Amt eingesetzt. Die Separatisten werfen den Beobachtern Spionage vor.

Die USA gehen davon aus, dass die russische Regierung die Freilassung der Festgehaltenen erreichen kann, wie die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, sagte. Sie nannte die Berichte über die Festsetzung eines Beobachterteams sehr beunruhigend. In der vergangenen Woche habe es eine Zunahme solcher Geiselnahmen durch prorussische Separatisten gegeben. "Wir verurteilen diese repressiven und feigen Taktiken", sagte Psaki.

Die OSZE geht davon aus, dass sie bald einen direkten Kontakt zu den festgehaltenen Beobachtern bekommt. "Wir hoffen, dass das morgen (Samstag) möglich sein wird", sagte der Vizechef des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, am Freitagabend in der ORF-Nachrichtensendung ZiB24. Die OSZE sei aber nicht der Verhandlungspartner für die prorussischen Kräfte, da es sich bei den Festgehaltenen nicht um Mitglieder der eigentlichen OSZE-Beobachtermission handle, sagte Neukirch. Es sei eine bilaterale Mission unter Leitung des Verifikationszentrums der Bundeswehr auf Einladung der ukrainischen Regierung. Daher würden Verhandlungen durch die Bundesrepublik geführt, meinte Neukirch.

Der Kontakt zu der Gruppe war am Mittag abgerissen. Ihr gehören nach OSZE-Angaben Vertreter aus fünf Ländern an. Neben den Deutschen seien dies je ein Militärbeobachter aus Tschechien, Dänemark, Polen und Schweden. Die Beobachter sind nicht bewaffnet. Nach Angaben des Innenministeriums in Kiew wurden sie zusammen mit mehreren ukrainischen Militärs und dem Busfahrer unter Zwang ins örtliche Gebäude des Geheimdienstes gebracht.

Slawjansk wird von bewaffneten prorussischen Kräften kontrolliert, die weitgehende Autonomierechte fordern. Die Stadt ist von regierungstreuen ukrainischen Einheiten umstellt.

Der örtliche Separatistenführer Wjatscheslaw Ponomarjow lehnte am Abend eine sofortige Freilassung ab. Die Gruppe sei der Spionage verdächtig, da sie Lagepläne der Straßensperren besessen habe. Nach seinen Angaben sind insgesamt zwölf Menschen festgesetzt. Vier seien Offiziere der ukrainischen Armee, die anderen acht Vertreter der OSZE - wobei sie aber Militärangehörige aus Nato-Ländern seien. "Wir werden sie befragen und entscheiden, was wir mit ihnen machen."

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte am Freitagabend, die Nachrichtenlage sei beunruhigend. "Wichtig ist, dass wir jetzt alle diplomatischen Kanäle nutzen, dass dieses Team unverzüglich und unversehrt freikommt." Die Bundeswehr habe bereits Kontakt mit den Familien der vier Deutschen aufgenommen.

Deutschland führt diesen militärischen OSZE-Einsatz, parallel existiert derzeit noch ein Einsatz diplomatischer OSZE-Beobachter.

Im Land selbst wächst die Angst vor einem Krieg. Der Kiewer Regierungschef Arseni Jazenjuk warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, mit einem Großmanöver sowie mit eingeschleusten "Terroristen" eine "militärische Aggression" auszuüben. "Russland will den dritten Weltkrieg anzetteln", sagte der prowestliche Ministerpräsident.

Die moskautreuen Separatisten halten in mehreren Orten im Osten Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern eine weitgehende Autonomie für das russisch geprägte Gebiet. Russland startete ein militärisches Großmanöver im Grenzgebiet, nachdem ukrainische Regierungstruppen fünf Menschen getötet hatten.

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