Führungsstreit der Grünen droht zu eskalieren
Der Führungsstreit bei den Grünen droht eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl zu eskalieren. Mehrere Mitglieder des Parteirats sprachen sich vor der entscheidenden Sitzung gegen eine Urwahl der Spitzenkandidaten aus.
Berlin - "Im Interesse der Partei ist es, Personalstreit zu verhindern", sagte die Fraktionschefin im Europäischen Parlament, Rebecca Harms.
Eine lange Urwahl, in der mehrere Personen gegeneinander antreten, erscheine ihm wenig hilfreich, sagte der Bundeskoordinator der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg, Volker Ratzmann, der Nachrichtenagentur dpa. Der Parteirat solle und könne rasch eine konstruktive Lösung finden.
Die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir sowie die Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Jürgen Trittin hatten sich nach dpa-Informationen am Samstag in der Grünen-Zentrale darauf geeinigt, dass ein Spitzenduo per Urwahl der mehr als 59 000 Mitglieder bestellt werden soll - außer es treten ohnehin nur zwei Kandidaten an. Der Parteirat sollte über einen entsprechenden Beschluss des Bundesvorstands beraten.
Damit wäre es wahrscheinlich, dass Trittin und Roth antreten. Nur Roth hat ihr Interesse zur Spitzenkandidatur bereits erklärt. Doch da es sich um zwei Parteilinke handelt, könnte nach Erwartungen in der Partei dann der Druck aus dem Realoflügel auf ihre Vertreterin Künast wachsen, ihren Hut ebenfalls in den Ring zu werfen. Dem Vorschlag zufolge soll mindestens eine Frau in dem Spitzenduo sein.
Es könnte sich den bisherigen Vorstellungen zufolge aber auch jeder andere Vertreter der Partei für eine Kandidatur bewerben. In Kreisen des Parteirats hieß es, es wäre eine Farce, wenn die Mitglieder über zwei Schwergewichte der Partei und einen chancenlosen Kandidaten zu entscheiden hätten. Über die Einberufung einer Urwahl zu entscheiden hätte ein kleiner Parteitag am 28. April in Lübeck.
Fraktionsvize Bärbel Höhn zeigte sich gegenüber einer Mitgliederbefragung aufgeschlossen. "Eine Urwahl ist mal was ganz Spannendes für die Grünen", sagte sie. Wichtig sei aber, jetzt verstärkt über Energiewende und andere Inhalte zu reden. "Für Nordrhein-Westfalen wäre es schon gut, hier jetzt Klarheit zu kriegen", sagte die frühere NRW-Umweltministerin mit Blick auf den Wahlkampf an Rhein und Ruhr.
Künast und Trittin wollten keine Stellung dazu nehmen, ob eine Urwahl aus ihrer Sicht vernünftig ist und ob sie selbst kandidieren: "Das Verfahren ist der Star", sagte Künast. Es gehe im die Inhalte. Trittin wies zurück, dass er sich an einem Prozess für ein Verfahren beteiligt habe.
Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Wahl im Saarland, Simone Peter, sagte dem Südwestrundfunk: "Mitgliederbefragungen sind für uns Grüne ja nichts Neues." Streit erwartet Peter nicht: "Ich geh sehr davon aus, dass es hier nicht zu Siegern und Verlierern kommt." Dass die Grünen in den Umfragen von 24 Prozent im Sommer 2011 auf nunmehr 13 Prozent gesunken sind, habe nichts mit der Personaldebatte zu tun.