Frierende Kinder zu sehen, tut weh

Dirk Jungnickel schiebt seit Dienstag fast täglich 16-Stunden-Schichten. Hier erzählt er von seinen Erlebnissen
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„Es wird viel abverlangt“, sagt Bundespolizist Dirk Jungnickel. Vor allem die Situation der Flüchtlingskinder macht ihm zu schaffen.
2 „Es wird viel abverlangt“, sagt Bundespolizist Dirk Jungnickel. Vor allem die Situation der Flüchtlingskinder macht ihm zu schaffen.

Passau Die Lage an der österreichisch-deutschen Grenze geht auch an erfahrensten Bundespolizisten nicht spurlos vorbei. „Die Moral und das Engagement von mir und meiner Mannschaft ist sehr gut. Der Einsatz zehrt aber an den Kräften“, sagt Hundertschaftsführer Dirk Jungnickel. Der 36-Jährige kommt aus Bad Düben bei Leipzig und ist seit Dienstag fast 16 Stunden täglich an den Grenzübergängen in Niederbayern im Dienst. Die langen Schichten, der wenige Schlaf und die Kälte setzen ihm zu. „Viele haben auch Familie und sind lange vom Lebenspartner und den Kindern getrennt. Denen wird viel abverlangt.“

Am meisten belasteten den Familienvater die Flüchtlingskinder. „Das nimmt mich emotional mächtig mit. Jede Minute, die ein Kind nachts in der Kälte steht, tut weh.“ Er wolle gerne mehr helfen – ab und zu könne er mit den österreichischen Kollegen absprechen, dass sie zuerst Familien mit Kindern an die Grenze bringen, damit diese nicht so lange warten müssten. Oft klappe das nicht – und Kleinkinder und Säuglinge müssten stundenlang in der Kälte ausharren.

Sieben Tage am Stück sind Jungnickel und seine Mannschaft im Einsatz. Eigentlich im Zwölf-Stunden-Dienst – von 6 bis 18 Uhr. „Wenn aber am späten Abend noch mehr als 1000 Menschen an der Grenze stehen, bleiben wir natürlich länger und unterstützen die Spätschicht.“ Er wisse selbst nicht, wie viele Überstunden er schon gemacht habe.

Nach sieben Tagen haben die Bundespolizisten von Mittwoch bis Montag frei, dann folgt der nächste Einsatz an der Grenze: Flüchtlinge zu den Bussen führen, Menschen in Zügen aus Österreich kontrollieren und auch schon mal einen Tumult in einem Notquartier schlichten. „Es ist aber insgesamt erstaunlich, wie geduldig die Menschen hier stundenlang in der Kälte warten“, sagt Jungnickel. Wie oft er noch nach Passau zum Grenzeinsatz kommen muss, ist unklar. Er hoffe zumindest, dass die Situation bald ein Ende habe.

Ein Ende ist nicht absehbar, am Freitag sind erneut Tausende Flüchtlinge angekommen. Doch die Lage könnte sich bald verbessern. Denn Deutschland und Österreich haben sich darauf geeinigt, dass Flüchtlinge ab sofort nur noch an fünf Übergängen über die bayerisch-österreichische Grenze gebracht werden sollen. Das teilt eine Sprecherin des Innenministeriums mit. An den fünf Stellen sollen Übergabe- und Kontrollstellen eingerichtet werden. „Man möchte ein geordnetes Verfahren erreichen“, so die Sprecherin. Die österreichischen Behörden haben zudem am Freitag ein 1000 Quadratmeter großes winterfestes Zelt für die wartenden Flüchtlinge aufgebaut.

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