Friedrich Merz: Bewerbungsrede als Kanzlerkandidat
Der Redebeitrag von CDU-Chef Friedrich Merz war mehr als ein Grußwort, schon eher eine Art Bewerbungsrede als Kanzlerkandidat. Der anschließende minutenlange stehende Applaus der 800 CSU-Parteitagsdelegierten drückte Vieles gleichzeitig aus: Dankbarkeit, dass man nicht einen wenig mitreißenden Pflichtbeitrag von Ex-CDU-Chefin Angela Merkel durchstehen und mit geheuchelter Begeisterung belohnen musste, Freude über die rhetorische Brillanz und die konservative Bodenständigkeit, aber auch Erleichterung darüber, dass zur Zeit die Fronten zwischen den beiden Unionsschwestern geklärt sind.
Die Rollenverteilung zwischen Merz und Söder ist klar
Am Rande des Parteitags hatte der CSU-Vorsitzende Markus Söder erneuten Kanzlerambitionen eine Absage erteilt: "Meine Aufgabe ist Bayern". Für eine Kanzlerkandidatur stehe er nicht zur Verfügung. Das war nicht überraschend, denn erst einmal muss Söder die Landtagswahl 2023 mit Minimalerfolg durchstehen. Minimalerfolg bedeutet: Nicht weniger als die 37,2 Prozent von 2018, die er selbst als Schlappe dargestellt hatte.
Die Rollenverteilung zwischen Merz und Söder ist damit klar: Der eine steht als Kanzlerkandidat der Union bereit, falls die Ampel in Berlin vorzeitig auseinander brechen sollte, und der andere führt mit seinem Freistaat als "Gegenmodell" zu Rot-Grün-Gelb die Opposition der B-Länder im Bundesrat und in der öffentlichen Meinung an. Selbst wenn Söder es nochmal wissen wollen sollte – gegen den selbstbewussten Sauerländer Merz käme er in einem neuen Kandidatenduell nicht an. Dafür genießt Merz – anders als einst Armin Laschet – auch in den Reihen der CSU zu viel Sympathien.