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Freie Wähler teilen gegen Markus Söder aus: "Unser Bayern gehört nicht der CSU"

Zwischen den Freien Wählern und der CSU knirscht es beim Thema Wald gewaltig. Hubert Aiwanger und Co. gehen die CSU-Führung um Ministerpräsident Markus Söder an.
von  Tobias Lill
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger legt sich mit dem Koalitionspartner CSU an.
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger legt sich mit dem Koalitionspartner CSU an. © picture alliance/dpa

Der Streit um die Unterzeichnung des "Waldpakts" durch Teile der Staatsregierung weitet sich zu einem veritablen Koalitionskrach aus. Auf AZ-Anfrage teilt der Vorsitzende der Freien Wähler Hubert Aiwanger kräftig gegen die Christsozialen aus. "Die Landtagswahl steht vor der Tür und die CSU will die Freien Wähler offensichtlich bei den Landwirten und Waldbauern aus dem Spielfeld drängen."

Die Bauern würden "sehen, dass wir uns stark um deren Anliegen kümmern, beispielsweise im Gegensatz zur CSU in Brüssel nicht dafür gestimmt haben, dass Brennholz keine erneuerbare Energie sein soll", sagt der stellvertretende Ministerpräsident.

Freie Wähler: Schwere Vorwürfe gegen den Koalitionspartner CSU

Aiwanger erhebt schwere Vorwürfe: "Erst gestern hat mir ein Mann vom Bauernverband mitgeteilt, dass er mich auf Intervention der CSU von einer schon zugesagten Veranstaltung wieder ausladen soll, damit ich dort keine Rede halten kann." Eine Anfrage vom Donnerstagnachmittag zu diesem Vorwurf ließen die CSU-Parteizentrale und der Bayerische Bauernverband zunächst unbeantwortet.

Für den Energieminister ist indes klar: "Einen Waldpakt zu schließen ohne auch uns als Teil der Staatsregierung einzubeziehen oder wenigstens zu informieren ist unsouverän, da wir ja auch mit den Ministerien der Freien Wähler betroffen sind, da zum Beispiel Holz ein wichtiger Baustoff und Energieträger ist, wofür ich zuständig bin."

 

Aiwanger wirft seinem Koalitionspartner "ein seltsames Verständnis von Zusammenarbeit" vor. Der Freie-Wähler-Mann behauptet: "Die Weiterentwicklung des jetzigen Verbissgutachtens, um Jäger und Waldbesitzer wieder näher zusammenzubringen, war auch unsere Forderung, die sogar im Koalitionsvertrag steht." Doch jetzt sei diese "laut Text im Waldpakt abgeblasen". Auch FW-Fraktionschef Florian Streibl kritisiert, die Überarbeitung des Gutachtens sei bis heute nicht umgesetzt worden.

Am vergangenen Sonntag hatten Ministerpräsident Markus Söder und Waldministerin Michaela Kaniber (beide CSU) zusammen mit den forstlichen Verbänden den "Waldpakt für Bayern" unterzeichnet. Ziel der Vereinbarung ist eine schnelle, wirksame Anpassung der Wälder an die Folgen des Klimawandels, um die Leistungen der Wälder zu sichern - von Holznutzung über Klimaschutz und Biodiversität bis hin zur Erholung der Bevölkerung.

"Grober handwerklicher Schnitzer": Wird die CSU im Wahlkampf nervös?

Die Waldbesitzer setzten dabei auf aktive Waldbewirtschaftung statt Stilllegung. Der forstpolitische Sprecher der FW-Landtagsfraktion, Nikolaus Kraus, kritisiert die Inhalte des Pakts: Die Freien Wähler empfänden es als zu einseitig, Schuld für Waldschäden allein bei Wildtieren zu suchen. Während der stellvertretende FW-Chef Michael Piazolo der AZ sagt, der Vorgang werde "im Koalitionsausschuss besprochen", zeigt sich Kraus "irritiert".

Fabian Mehring, parlamentarischer Geschäftsführer der FW-Fraktion, nennt es in der AZ einen "bemerkenswerten Vorgang, wenn CSU-Politiker ernstlich im Namen der Staatsregierung einen Pakt unterzeichnen, ohne darüber je mit dem Koalitionspartner gesprochen zu haben". Mehring spricht von einem "groben handwerklichem Schnitzer". Dies zeige die "Nervosität der CSU im Wahlkampf". Für ihn ist klar: "Unser Bayern gehört nicht der CSU".

Streit zwischen den Freien Wählern und CSU? "Wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner"

Söders Staatskanzlei verweist auf Anfrage auf das Forstministerium. Ministerin Kaniber sagt der AZ, sie könne "die Aufregung der Freien Wähler in keiner Weise nachvollziehen". Die CSU-Politikerin betont: "Die Waldpolitik liegt seit jeher in der Ressortzuständigkeit des Forstministeriums." Auch frühere Waldpakte seien vom Ministerpräsidenten und dem Forstminister gemeinsam mit den Verbänden, die die Waldbesitzer vertreten, unterzeichnet worden.

Die Freien Wähler würden offenbar "einem Missverständnis aufsitzen". Selbstverständlich werde "das Forstliche Gutachten entsprechend dem Koalitionsvertrag weiterentwickelt", so Kaniber. Aiwanger sei "damals über den abgeschlossenen Prozess schriftlich unterrichtet worden". Auch werde die Schuld für Waldschäden im Waldpakt "nicht allein bei den Wildtieren gesucht". Kaniber versichert: "Wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner."

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