Französischer Präsidentschaftswahlkampf: Pariser Komödienstadl

Zwei Kandidaten für die Präsidentschaft stehen im Visier der Ermittler – Marine Le Pen postet IS-Fotos, François Fillon beschäftigt seine Frau auf Parlamentskosten.
von  oz
Beliebtes Motiv bei Faschingssumzügen (hier Nizza): Figuren von Marine Le Pen und François Fillon.
Beliebtes Motiv bei Faschingssumzügen (hier Nizza): Figuren von Marine Le Pen und François Fillon. © dpa

Obwohl schon Kameras parat stehen, verschiebt der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon am Mittwoch überraschend seinen Besuch auf der Pariser Landwirtschaftsmesse, in Frankreich ein Pflichttermin für Wahlkämpfer. Nach Stunden wilder Spekulationen wird klar: Die Affäre um die Beschäftigung seiner Frau auf Parlamentskosten hat den Konservativen wieder eingeholt.

Was Fillon kurze Zeit später verkündet, ist ein Donnerschlag. Am 15. März hat Fillon einen Termin bei den Ermittlungsrichtern. Sie wollen ein Verfahren gegen ihn einleiten. Somit würde er zum Beschuldigten erklärt – wenige Wochen vor dem ersten Wahlgang am 23. April. Am Donnerstagabend durchsuchen Beamte sogar seine Pariser Wohnung.

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Fillon wehrt sich mit scharfen Worten gegen die Ermittlungen, spricht mal von einem "institutionellen Staatsstreich", mal von "Verleumdung". Sein stockender Wahlkampf hat dadurch keinen neuen Schwung gewonnen. Im Gegenteil: Die Forderungen nach einem Rücktritt Fillons werden lauter. Ex-Premier Alain Juppé lässt am Freitag erkennen, dass er als Ersatz-Kandidat bereitstünde.

Vom ganzen Theater könnte ein anderer Bewerber profitieren

Ebenfalls im Visier der Ermittler steht Rechtspopulistin Marine Le Pen (48). Die Front-National-Politikerin (FN) hat am Donnerstag nicht nur ihre parlamentarische Immunität verloren, weil sie 2015 drei Fotos verbreitet hat, die von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Propagandamaterial für Gräueltaten benutzt wurden.

Le Pen sieht sich auch dem Vorwurf ausgesetzt, dass FN-Mitarbeiter rechtswidrig aus der Kasse des EU-Parlaments bezahlt worden sein sollen.

Doch die Popularität Le Pens hat dadurch – im Gegensatz zu Fillon – kaum einen Kratzer erhalten. Le Pen setzt auf eine simple Verteidigungsstrategie: Jeden Ermittlungsschritt erklärt sie zu einem politischen Manöver, der ihrem Wahlkampf schaden soll. Ein Angriff des "Systems", das sie mit Inbrunst verteufelt.

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Ausgerechnet ein politischer Senkrechtstarter will nun vom Komödienstadl der Gegenkandidaten profitieren. Pro-europäisch und mit einem sozial-liberalen Programm gilt der unabhängige Bewerber Emmanuel Macron (39) für viele als Hoffnungsträger eines weltoffenen Frankreichs.

In aktuellen Umfragen hat Macron bereits einen kleinen Vorsprung vor Fillon herausgearbeitet und käme derzeit in die Stichwahl gegen Le Pen – um diese dann zu gewinnen. "Herr Fillon hat entschieden, große Worte zu benutzen. Das ist eher das Zeichen, dass er die Nerven oder den Realitätssinn verliert", frotzelt Macron nun.

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