Folterskandal überschattet Parlamentswahl
Überschattet von einem Folterskandal in Gefängnissen hat in der Südkaukasusrepublik Georgien die Parlamentswahl begonnen.
Tiflis - Der Urnengang entscheide über das Schicksal Georgiens, sagte Präsident Michail Saakaschwili bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Tiflis. Bei der Wahl will der Milliardär und Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili das Machtmonopol von Saakaschwili brechen. Rund 3,6 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, über die 150 Abgeordneten zu entscheiden. Vor den Wahllokalen bildeten sich lange Schlagen.
Nach einem aufgeheizten Wahlkampf zeigten sich beide Lager siegessicher. Iwanischwili stimmte aus Protest nicht ab, weil ihm Saakaschwilis Behörden die Staatsbürgerschaft entzogen hatten. Nichtregierungsorganisationen in der Ex-Sowjetrepublik kritisierten, dass Oppositionsaktivisten im Vorfeld der Wahl unter Druck gesetzt und festgenommen worden seien.
Die Polizei teilte mit, gegen Anhänger des Oligarchen Iwanischwili zu ermitteln, weil sie Wähler bestochen haben sollen. Beobachter schließen Unruhen nach dem Wahltag nicht aus, weil beide Seiten den Sieg beanspruchen könnten.
Das Land am Schwarzen Meer wird seit Tagen von einem Folterskandal in den Gefängnissen des Landes erschüttert. Videos zeigten, wie Gefangene vergewaltigt wurden.
Die verfeindeten Lager haben betont, dass sie einen prowestlichen Kurs beibehalten wollen und eine Mitgliedschaft Georgiens in der EU und Nato anstreben. Die Wahllokale schließen um 18.00 Uhr MESZ. Danach werden erste Prognosen erwartet.
Es handelt sich um die bedeutendste Abstimmung in dem für den Westen strategisch wichtigen Land seit der friedlichen Rosenrevolution von 2003. Der damalige Held Saakaschwili steht heute als autoritärer Führer in der Kritik. Sein Widersacher Iwanischwili gilt als neuer Hoffnungsträger für viele Menschen, die mehr Demokratie und Wohlstand ersehnen.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will an diesem Dienstag ihre Einschätzung der Wahl bekanntgeben. Saakaschwili und Iwanischwili haben angekündigt, das Urteil internationaler Beobachter zu akzeptieren. Die Abstimmungen in dem verarmten Land standen zuletzt wegen demokratischer Defizite in der Kritik.