Flüchtlingskrise gefährdet Reisefreiheit in Europa

Die Flüchtlingskrise bedroht nach Einschätzung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das grenzkontrollfreie Reisen in Europa.
Luxemburg - "Wir streben keine Änderungen von Schengen an, wir wollen keine systematischen Grenzkontrollen wieder einführen", sagte de Maizière am Rande eines Treffens der EU-Innenminister in Luxemburg. "Aber (...) wenn Verantwortlichkeiten nicht erfüllt werden, dann könnte am Ende das Ende vom freien Verkehr in Europa stehen."
Der Minister verwies auf das Dublin-Abkommen, nach dem Asylbewerber ihren Antrag in dem Land stellen müssen, in dem sie europäischen Boden betreten haben. Daran sollten sich Italien und Griechenland halten - insbesondere Italien sieht sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, Flüchtlinge einfach in andere EU-Länder weiterreisen zu lassen. Auch der französische Innenminister Bernard Cazeneuve warnte, ohne Verantwortung und Solidarität bringe man Schengen in Gefahr.
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De Maizière und Cazeneuve pochten in der Debatte um ein Quotensystem zur Aufnahme von Flüchtlingen darauf, dass nur Migranten mit "wirklicher Bleibeperspektive" umverteilt werden sollten. Ansonsten sollten die Flüchtlinge in Italien und Griechenland bleiben. Wer aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa komme, solle von dort in seine Heimat zurückgebracht werden. Eine Einigung sei beim Ministertreffen am Dienstag aber noch nicht zu erwarten.
Zwischen Italien und Frankreich hatte es zuvor Streit um die Weiterreise von Flüchtlingen gegeben, weil Frankreich Hunderte Migranten zurück in das Nachbarland schickte. Cazeneuve beteuerte aber, sein Land habe die Grenze nicht abgeriegelt.
In Ventimiglia, einem Ort nahe der italienisch-französischen Grenze, kam es am Dienstagmorgen bei der Räumung eines Flüchtlingscamps zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Polizisten. Italiens Innenminister Angelino Alfano bezeichnete diese Szene als einen "Schlag ins Gesicht für Europa" und als Beweis, dass die Flüchtlinge, die in Italien ankommen, nicht dort bleiben wollten. Daraus müssten alle ihre Lehren ziehen.
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Die britische Innenministerin Theresa May forderte vor allem härtere Maßnahmen gegen Schlepper, die Flüchtlingen die illegale Einreise ermöglichen: "Um langfristig mit diesen Thema umzugehen, müssen wir den kriminellen Banden nachstellen, die aus diesem schrecklichen, herzlosen Handel mit menschlichen Leben ein Gewerbe machen."
Die Europäische Kommission hatte Ende Mai vorgeschlagen, 40 000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland binnen zwei Jahren in anderen EU-Ländern unterzubringen.