Flüchtlinge in Sachsen: Polizei holte mehrere mit Zwang aus dem Bus
Ein weinender Flüchtlingsjunge im Bus, grölende Demonstranten davor: Das Video aus Clausnitz hat viele entsetzt. Und auch das harte Vorgehen der Polizei gegen die sich sträubenden Neuankömmlinge. Die sagen nun, Polizisten hätten gegen mehrere von ihnen Zwang angewandt. Die Polizei verteidigt den Einsatz
Berlin - Bei dem Tumult vor einer Asylbewerberunterkunft in Sachsen soll die Polizei nach Aussage betroffener Flüchtlinge gegen mehrere von ihnen körperlichen Zwang angewendet haben. Auf einem im Internet verbreiteten Video war bereits zu sehen, das ein Polizist einen Jungen im Klammergriff aus dem angekommenen Bus in die Unterkunft zerrt. Flüchtlinge in der Unterkunft im Ortsteil Clausnitz sagten der dpa am Samstag, ein Polizist habe auch einer Frau die Arme auf den Rücken gedreht und sie zwangsweise aus dem Bus geholt.
Lesen Sie hier. So brutal ging die Polizei gegen die Flüchtlinge vor
In dem kleinen Ort hatten am Donnerstagabend rund 100 aufgebrachte Demonstranten versucht, die Ankunft eines Busses mit den ersten Bewohnern einer neuen Flüchtlingseinrichtung zu verhindern. Augenscheinlich hatten die Flüchtlinge aus Angst vor den Protesten und der chaotischen Situation den Bus dann nicht verlassen wollen. Ihren Schilderungen zufolge wurde der Bus auch mit einem Schneeball beworfen.
Lesen Sie hier: Beschämendes Video - Wütender Mob verängstigt Flüchtlinge
Der von einem Bundespolizisten zwangsweise aus dem Bus geholte Junge ist nach eigenen Angaben 14 Jahre alt und stammt aus Tripoli im Libanon. Er ist mit seinem Bruder und seinem Vater seit drei Monaten in Deutschland und war zunächst in Dresden untergebracht, wie er der dpa sagte. Der Bruder ist auf dem Internet-Video zu sehen, wie er freiwillig, aber weinend den Bus verlässt. Die Mutter und ein weiterer Bruder leben demnach noch im Libanon.
Die befragten Flüchtlinge wirkten verängstigt und konnten sich das Vorgehen der Polizei nicht richtig erklären. Der Gruppe gehören nach ihren Angaben Flüchtlinge aus dem Iran, aus Syrien und dem Libanon an. Sie waren demnach zunächst in Dresden und Chemnitz untergebracht – und wollen gern wieder weg aus Clausnitz. Eine Familie ist nach ihren Angaben bereits am Freitag mit einem Taxi nach Dresden gefahren.
Polizei verteidigt den Einsatz
Der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann sagte am Samstag, bei drei Flüchtlingen sei der Einsatz von "einfachem unmittelbaren Zwang" notwendig gewesen. Er betonte, Flüchtlinge hätten aus dem Bus heraus provozierende Gesten gemacht. "Aus meiner Sicht gibt es für das Vorgehen der Polizei keinerlei Konsequenzen", so der Polizeipräsident weiter.
- Themen:
- Polizei