Firedrich Merz und die CSU: Geschichte von Liebe und Verrat

Friedrich Merz ist einst mit CSU-Hilfe ins Amt als Unionsfraktionschef gekommen. Doch an einem Morgen 2002 ist Edmund Stoiber auf Distanz gegangen.
von  Bernhard Junginger

Berlin - Friedrich Merz greift nach dem CDU-Vorsitz und weckt damit nicht nur in der eigenen Partei große Hoffnungen. Auch in der CSU genießt Merz viele Sympathien. Nicht wenige Christsoziale wünschen sich den 62-jährigen Sauerländer sogar als kommenden Kanzlerkandidaten der Union. Vieles, wofür Merz steht, passt auch zum inhaltlichen Profil der CSU. Doch die Geschichte, die Merz und die CSU verbindet, ist keine einfache. Sie handelt von großer Liebe, aber auch von Enttäuschung, manche sagen: Verrat.

In den Ereignissen, die die vielversprechende politische Karriere von Merz zunächst befördert und dann zu ihrem – vorläufigen – Ende gebracht haben, spielen CSU-Politiker eine entscheidende Rolle. Es gibt nicht mehr allzu viele Personen, die sich noch an die Details erinnern können. Einige, die damals schon die Geschehnisse mitbestimmten, reden nur unter der Bedingung, dass ihre Namen nicht genannt werden. Alle Schilderungen kreisen um den 23. September 2002, einen Montag. Tags zuvor hatten die Deutschen den 15. Bundestag gewählt, bemerkenswert war, dass die SPD nur rund 6000 Zweitstimmen mehr als die Union holte, beide landeten damit bei 38,5 Prozent der Wählerstimmen. SPD-Kanzler Gerhard Schröder konnte mit den Grünen weiterregieren.

Stoibers Schattenkabinett

In den Gremiensitzungen der Union am Tag nach der Wahl gab es für Stoiber viel Lob, auch weil die CSU in Bayern bärenstark abgeschnitten hatte, erinnert sich ein hochrangiger Teilnehmer von damals. Doch gleichzeitig sollten an diesem Tag auch die Weichen für die Zukunft der Union gestellt werden: Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bereits seit zwei Jahren CDU-Vorsitzende war, griff nun offen auch nach dem Unionsfraktionsvorsitz. Den hatte, ebenfalls zwei Jahre davor, Merz übernommen.

Das Verhältnis zwischen Merz und Stoiber galt seinerzeit als ausgesprochen gut, der CDU-Mann war Mitglied in Stoibers Schattenkabinett. Er hatte versprochen, den Rechtsanwalt im Falle des Wahlsiegs zu seinem Finanzminister zu machen. Doch als es um den Fraktionsvorsitz ging, ließ Stoiber den Sauerländer fallen und gab der ehrgeizigen Frau aus Mecklenburg-Vorpommern den Vorzug. Am Ende dieses Montags stürmte Merz wortlos aus der Berliner CDU-Zentrale.

Auf die Frage, warum Stoiber Merz die Unterstützung versagte, haben mehrere, die damals beteiligt waren, eine Antwort. Stoiber sei Merkel noch einen Gefallen schuldig gewesen. Denn Merkel hatte zunächst ebenfalls erklärt, dass sie als Kanzlerkandidatin antreten wolle.

Positive Reaktionen aus der CSU-Fraktion im Bundestag

Zwar dauerte es noch bis 2009, bis Merz sich aus dem Bundestag verabschiedete, doch den Bruch bildete jener 23. September 2002. Ihnen gegenüber, sagen CSU-Abgeordnete, habe Merz nie so etwas wie Verbitterung erkennen lassen. Im Gegenteil, er habe sich stets daran erinnert, dass die CSU ihm bei der Wahl zum Unionsfraktionschef im Jahr 2000 „die Steigbügel gehalten“ habe.

CSU-Bundestagsabgeordnete äußern sich überwiegend positiv über Merz und seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz. So sagt ein einflussreiches Mitglied der Landesgruppe: „Konservativ, heimatverbunden, aber international orientiert, erfahren in Wirtschaftsfragen – wenn wir uns einen backen könnten, käme Merz heraus.“

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