Finanzkrise: Jetzt soll Vater Staat helfen
MÜNCHEN - Der Crash an den Finanzmärkten – jetzt sind auch die sonst so selbstherrlichen Geld-Bosse ratlos. So glaubt Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, plötzlich nicht mehr an die „Selbstheilungskraft der Märkte“. Sein Vorschlag: Gewinne für Manager, Verluste fürs Volk.
Er kassiert 14 Millionen Euro im Jahr, schimpft über Politiker, die sich in die Wirtschaft einmischen – und ruft jetzt nach Papa Staat! Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, bittet die Politiker um Unterstützung: Sie sollen bei der Lösung der Finanzkrise helfen. Ackermanns These: „Ich glaube nicht an die Selbstheilungskräfte des Marktes.“ Er fordert Geld für die Banken in aller Welt.
Ackermanns Sozialismus funktioniert so: Die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank geben den Bank-Konzernen günstig Kredite, damit diese ihren Kunden ebenfalls günstigere Kredite anbieten können. So wird die Wirtschaft angekurbelt, der Konsum steigt. Alle freuen sich – und vor allem einer: Ackermann. Denn die Nachfrage nach Krediten bedeutet mehr Umsatz für die Deutsche Bank – und noch mehr Gehalt für den Chef. Ackermanns Motto: Die Gewinne werden privatisiert – und die Verluste mit Steuergeldern sozialisiert!
Eigentlich ein lupenreiner Kapitalist
Zur Erinnerung: Während die Banken an den Weltbörsen Milliarden verzockten, stiegen die Gehälter der Konzernlenker. Auch Ackermanns Geldbeutel wurde in den vergangenen Jahren immer dicker: Verdiente er 2004 noch 6,2 Millionen Euro, so waren es im vergangenen Jahr mehr als doppelt so viel. Seinem Konzern ging es derweil nicht so gut: Die Deutsche-Bank-Aktie büßte heuer allein seit Jahresbeginn rund ein Viertel ihres Wertes ein.
Eigentlich gilt Ackermann als lupenreiner Kapitalist. Doch mit seinen Äußerungen verabschiedet er sich vom Neoliberalismus, der eine Wirtschaft ohne Staat vertritt. Unterstützung bekommt der Deutsche-Bank-Chef dabei von seinem Chefvolkswirt Norbert Walter: „Wir brauchen die Neuordnung und eine Neubesinnung auch bei den Regulatoren der Finanzmärkte“, fordert er. Im Klartext: Die Finanzmärkte sollen stärker vom Staat kontrolliert werden.
Und wie reagiert die Politik?
Finanzminister Peer Steinbrück sieht in den Turbulenzen an den Finanzmärkten „eine der größten Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte“ – und plädiert auch für ein Eingreifen der Politik zum Schutz der deutschen Wirtschaft. Politik und Banken müssten eng zusammenarbeiten, sagte er. „Wir sind in Deutschland sehr stark darauf angewiesen, die bisherige Zusammenarbeit zwischen Politik, Bundesbank, Bankenverbänden und Bankinstituten so dicht zu halten, dass wir die Folgewirkungen hier minimieren können“, sagte Steinbrück.
Immerhin: Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, konnte sich einen Seitenhieb auf Ackermann nicht verkneifen: „Es wäre schön, wenn Herr Ackermann nicht nur erst in der Krise nach dem Staat rufen würde.“
Volker ter Haseborg