Finanzgipfel in Washington: 47 Schritte aus der Krise
WASHINGTON - Aus den G8 werden die G20: Die größten Industrienationen der Welt beschließen neue Grundregeln für die globale Wirtschaft
War es jetzt ein historisches Treffen, wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy meinte? Oder doch eher, wie es die deutsche Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel nüchterner formulierte, eine „vernünftige und angemessene Antwort auf die Finanzkrise“? So oder so – der Weltfinanzgipfel am Wochenende in Washington markiert einen neuen Standard: Bisher trafen sich die G8 hinter verschlossenen Türen, wenn es galt, Grundlinien der Weltwirtschaft festzuzurren. Nun sind daraus die G20 geworden. Die großen acht Industrienationen sind nicht mehr unter sich, Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien sitzen mit am Tisch.
Doch das ist nicht das einzige Signal, das vom Krisengipfel in der US-Hauptstadt ausgeht. Die Delegationen einigten sich auf insgesamt 47 Reformschritte, deren vielleicht wichtigster Satz so lautet: „Wir verpflichten uns zu gewährleisten, dass alle Finanzmärkte, Produkte und Akteurereguliert oder überwacht werden.“ Zwar ließen die G20 hier im Detail noch viele Fragen offen. Dennoch sind schon die beschlossenen Grundsätze relativ weitgehend:
- Die Finanzaufsichten der einzelnen Staaten sollen grenzübergreifend neue Aufsichtsorgane für die Märkte gründen.
- Schwellen- und Entwicklungsländer bekommen mehr Mitsprache.
- Für Rating-Agenturen (deren Bewertungen in der Branche extrem wichtig sind) und für Hedge-Fonds wird es strengere Regeln geben.
Banken werden dazu verpflichtet, ihr Risikomanagement zu verbessern.
- Die Regierungen wollen gemeinsam gegen Steueroasen vorgehen.
- Die bestehenden weltweit tätigen Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) werden umgebaut, die Weltbank soll spezielle Programme für Entwicklungsländer vorlegen.
- Zugleich bekennen sich die G20 klar zur Marktwirtschaft und zum freien Welthandel.
Letzteres war vor allem für den scheidenden US-Präsidenten George W. Bush ein entscheidender Punkt: „Diejenigen, die meine Karriere verfolgt haben, wissen, dass ich ein Freie-Marktwirtschaft-Typ bin“, sagte Bush trocken. Er verabschiedete sich mit dem Washingtoner Gipfel von der Weltbühne und sagte am Ende den Journalisten ein schlichtes „Goodbye“.
Nachfolger Barack Obama, der an den Beratungen nicht teilnahm, kommentierte die Ergebnisse im Anschluss in einer Radioansprache. Die Vereinbarungen könnten „nur ein Anfang sein“, sagte Obama.
Zum Schwur wird es Anfang April kommen: Dann findet vermutlich der Nachfolge-Gipfel in London statt, dann sitzt auch Obama mit am Tisch. Dass dieser den neuen Weg mitgeht, steht für Merkel schon fest: „Das ist ein Weg der Vernunft, und der wird auch von dem neuen Präsidenten mit Sicherheit unterstützt.“
mue