Feilschen im Beichtstuhl: Letzte Streitpunkte für Schwarz-Gelb

BERLIN - An diesem Wochenende gehen die Koalitionsverhandlun- gen zwischen Union und FDP in die harte Phase. Vor allem bei den Steuerentlastungen und der Gesundheitspolitik hakt es noch gewaltig. Doch am Sonntagabend könnte Schwarz-Gelb bereits perfekt sein.
Hochspannung liegt über der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin: Die Chefverhandler von CDU, CSU und FDP haben dort am Freitagnachmittag ihre Marathonsitzung begonnen, um die wichtigsten verbliebenen Streitpunkte aus dem Weg zu räumen und Schwarz-Gelb perfekt zu machen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte bei ihrer Ankunft, die Runde werde „mit Sicherheit noch nicht in dieser Sitzung“ zu einem Abschluss kommen. CDU-Vize Christian Wulff nannte als Ziel für einen Abschluss „Mitte nächster Woche“. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle gab die Devise aus: „Gründlichkeit kommt vor Schnelligkeit.“
Die große Runde soll bis Samstagnachmittag tagen. Am Sonntag werden die Verhandlungen dann im berüchtigten „Beichtstuhlverfahren“ fortgesetzt. In diesen von Gefeilsche und Deals geprägten Gesprächen nehmen Merkel, Westerwelle und Horst Seehofer, die Chefs der Arbeitsgruppen ins Gebet. Nach der Einigung bei Hartz IV, Niedriglöhnen und innerer Sicherheit konzentrieren sich die Verhandlungen jetzt vor allem auf die Finanz- und Gesundheitspolitik. Die AZ gibt einen Überblick.
Steuern:
Schwarz-Gelb muss bis 2013 etwa 30 Milliarden Euro einsparen, um die Schuldenbremse des Grundgesetzes einzuhalten. Wie hoch die Steuerentlastung unter diesen Umstände ausfallen kann und wie sie finanziert werden soll, ist unklar. Laut „bild.de“ steht bereits die Kindergeld-Erhöhung auf der Kippe. Die Entlastungspläne der Union kosten Schätzungen zufolge 15 bis 20 Milliarden Euro, die der FDP sogar 35 Milliarden.
Gesundheit:
Die Arbeitsgruppe Gesundheit ging am Freitag ohne Kompromiss auseinander. FDP-Verhandlungsführer Daniel Bahr sprach offen von einem „Scheitern“. „Wir wollen den Einstieg in ein Prämiensystem mit solidarischem Ausgleich, das will die CSU nicht.“ Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder lehnte das FDP-Modell ab: „Wir wollen keine Kopfpauschale.“ Einig scheinen sich Union und FDP nur darin zu sein, gesetzlich Versicherten den Wechsel in private Krankenversicherungen wieder zu erleichtern.
Atom:
Klar ist ist die Abkehr vom Atomausstieg: Die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke sollen verlängert werden. Umstritten ist aber noch, welche konkreten Meiler länger als bisher vorgesehen laufen sollen und für wie lange.
Bildung:
Schwarz-Gelb will bis 2013 rund 12 Milliarden Euro mehr für die Bildung ausgeben. Im Gespräch ist, jedem Neugeborenen 150 Euro Startguthaben für die Ausbildung zu schenken. Wenn das privat aufgestockt wird, soll es weitere Prämien des Staates geben. Ferner wird über ein Stipendium für hochbegabte Hochschüler in Höhe von 300 Euro pro Monat diskutiert.
Familie:
Hauptstreitpunkt ist das vor allem von der CSU verlangte Betreuungsgeld für die Erziehung von bis zu drei Jahre alten Kindern in den Familien. Die FDP lehnt das bislang ab.