Fehler eingestehen!
Gymansien haben künftig die Wahl zwischen G8 und G9. AZ-Politredakteur Tobias Wolf über die Debatte um die richtige Schulausbildung.
Wer ein Jahr früher Abitur macht, steht der Wirtschaft früher zur Verfügung und zahlt theoretisch ein Jahr länger in die Rentenversicherung ein. Das war der Plan der damaligen Staatsregierung unter Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber, als 2003 völlig überstürzt (und hirnlos) die G8-Reform beschlossen wurde.
Doch Turbo-Abitur und anschließendes Turbo-Studium kamen und kommen bei Schülern und Eltern nicht an. Eine Mehrheit von 59 Prozent will zurück zum alten Abitur. Nur 34 Prozent wollen beim G8 bleiben, ergab im Juni eine Umfrage des GMS-Institus.
Und auch die Wirtschaft klagt. Zwar forderte sie zuerst jüngere Studienabsolventen, doch beschweren sich Unternehmer inzwischen immer häufiger über deren Unreife und fehlende Praxisnähe. Zeitgleich nimmt der Studienfrust zu und die Abbrecherquoten schnellen in die Höhe.
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Warum nicht komplett zurück?
Das Einfachste wäre, die CSU würde nach 13 Jahren ihren Fehler eingestehen und zentral zurückrudern. Stattdessen wird jetzt jedem einzelnen der rund 400 Gymnasien in Bayern die Entscheidung zwischen G8 und/oder G9 selbst überlassen. Souverän ist das nicht. Zumal die vermeintliche Wahlfreiheit de facto oft gar nicht existieren wird. Streit unter Eltern, Schülern, Lehrern und Rektoren ist programmiert.
Warum nicht komplett zum G9 zurückkehren und es nach dem Vorbild der Fachoberschule reformieren? Dort wechselt sich in der 11. Jahrgangsstufe im Zwei-Wochen-Rhythmus Unterrichts- und Praktika-Zeit ab. Eine solche Reform würde Lösungen für alle Beteiligten bieten: Die Schüler erhielten tiefere Einblicke in die Berufswelt, fänden durch ein Praktikum möglicherweise „ihren“ Traumberuf und sparten sich so teure Um- und Irrwege. Und die Wirtschaft bekäme reifere und praxisorientierte Absolventen.
Eine gescheite Reform – und an den Gymnasien in Bayern würde endlich mal wieder Ruhe einkehren.
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