FDP-Zerreißprobe: Spitze gegen "Euro-Rebellen"

Der Koalitions-Konflikt eskaliert: Im Ringen um den Euro-Rettungskurs steht die gegen den Absturz kämpfende FDP vor einer Zerreißprobe.
dpa |
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Berlin  -  Wenige Tage vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus eskaliert der Konflikt zwischen Parteiführung und "Euro-Rebellen" der FDP im Bundestag und in den Landesverbänden.

Die Euro-Skeptiker wollen per Mitgliederentscheid die Einführung des permanenten europäischen Rettungsschirms ESM ab Mitte 2013 verhindern. Sie können mit der für einen Entscheid erforderlichen Mehrheit rechnen. Die FDP-Spitze um Parteichef Philipp Rösler steuert dagegen und will mit einem eigenen Antrag den Mitgliederentscheid entschärfen.

Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Parteikreisen erfuhr, soll es zudem im Oktober mehrere Regionalkonferenzen geben, um die FDP-Basis vom Antrag der Partei-Spitze mit der Grundausrichtung "Pro Europa" und der Euro-Stabilisierung zu überzeugen. Der Mitgliederentscheid der FDP könnte etwa bis Anfang Dezember abgeschlossen sein, also rechtzeitig vor der Entscheidung des Bundestages über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM.

Nach Wirtschaftsminister und Vizekanzler Rösler hat sich innerhalb der Bundesregierung auch Verkehrsminister Peter Ramsauer vom europapolitischen Kurs von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel distanziert. Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro sei "kein Weltuntergang", sagte der CSU-Politiker der Wochenzeitung "Die Zeit". Dies ist seit Montag auch offizielle Position der CSU-Spitze.

Man könne nicht sagen, dass eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands um jeden Preis verhindert werden müsse, meinte Ramsauer. "Dann würde man jedes Druckmittel aufgeben. Das hieße doch, dass man das Land immer weiter mit frischem Geld versorgen würde, egal, was dort passiert oder eben nicht passiert."

Die "Euro-Rebellen" um den FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, der bald fünf Landesverbände hinter sich haben soll, wollen ein Nein der Liberalen zum ESM erzwingen. In der FDP-Spitze wird dem Vernehmen davon ausgegangen, dass das Schäffler-Lager die erforderliche Mehrheit für einen Mitgliederentscheid zusammenbekommt. Offiziell hat bisher nur der FDP-Landesverband Bremen einen Antrag gestellt. Mehrere andere Verbände unterstützen das Vorhaben aber ebenfalls - darunter auch Berlin, wo am Sonntag gewählt wird.

Um einen Mitgliederentscheid für "wichtige politische Fragen" zu erzwingen, reichen nach der FDP-Satzung etwa 3300 Unterschriften oder Anträge von fünf Landesverbänden aus. Schäffler hat etwa 1000 Stimmen zusammen. Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" (Mittwoch) haben sich intern bereits fünf Landesverbände dafür ausgesprochen.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle wies Kritik an den Spekulationen Röslers über eine mögliche Insolvenz Griechenlands zurück. "Man muss in der Tat mit dieser schwierigen Situation umsichtig umgehen, aber es geht doch nicht, dass man einfach ein Tabu darüber legt", sagte Brüderle im ARD-Morgenmagazin. Die Äußerungen Röslers bewegten sich auf der Linie dessen, was die Euro-Finanzminister für den dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM formuliert hätten. Im übrigen gebe es dieselben Äußerungen von der CSU. "Da regt sich natürlich in der CDU keiner auf", sagte Brüderle.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte der "Financial Times Deutschland" (Mittwoch), die Menschen in Deutschland, die Finanzmärkte und die Griechen bräuchten langfristig Klarheit. "Das geht nicht dadurch, dass man ein Schweigegelübde ablegt."

Rösler hält eine geordnete Insolvenz für denkbar, sollte es Instrumente geben. Die soll es erst mit dem ESM geben. Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) distanzierten sich davon klar.

Der Ökonom und wissenschaftliche Berater von Schäuble, Prof. Clemens Fuest, stützt dagegen den Vorstoß des FDP-Chefs. "Rösler hat vollkommen Recht", sagte er der dpa. "Das Geschrei, das jetzt anhebt, ist lächerlich." Es sei völlig ausgeschlossen, dass Griechenland seine Schulden aus eigener Kraft zurückzahlt. "Die Frage ist eigentlich nur: Insolvenz heute oder morgen?", sagte Fuest.

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