FDP und CDU im Leihstimmen-Clinch
München/Berlin - CDU und CSU feiern den Wahlsieger Horst Seehofer, die FDP dürfte angesichts ihres Debakels mit Blick auf die Bundestagswahl am 22. September erneut um Leihstimmen buhlen. Für SPD und Grüne hat die Landtagswahl im größten Flächenland gezeigt, dass eine gemeinsame Machtoption in weiter Ferne liegt.
Die CSU von Ministerpräsident Seehofer eroberte am Sonntag die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag zurück. Die seit fünf Jahren in München mitregierende FDP verpasste nach einem dramatischen Absturz den Wiedereinzug ins Parlament. SPD, Grüne und Freie Wähler schafften es gemeinsam nicht, die CSU zu gefährden. Insbesondere der SPD mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verschaffte das schwache Abschneiden in Bayern mit gut 20 Prozent keinerlei Rückenwind.
Nächsten Sonntag will die Union Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine dritte Amtszeit sichern - gemeinsam mit der FDP, deren Einzug ins Parlament allerdings auch hier auf der Kippe steht. FDP-Chef Philipp Rösler warnte: "Wenn Schwarz-Gelb keine Mehrheit bekommen sollte auf Bundesebene, dann ist nicht der erste Weg der Weg in eine große Koalition" - dann werde Sigmar Gabriels SPD Merkel mit der Drohung Rot-Rot-Grün erpressen. "Und das dürfen wir in Deutschland niemals zulassen." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe lehnte eine Zweitstimmenkampagne zugunsten der FDP ab. "Die Zweitstimme ist die Merkel-Stimme."
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CSU auf 47,7 Prozent (2008: 43,4). Die SPD erzielte 20,6 Prozent (2008: 18,6). Die FDP flog mit 3,3 Prozent (2008: 8,0) aus dem Landtag. Die Grünen erhielten 8,6 Prozent (2008: 9,4) und die Freien Wähler 9,0 Prozent (2008: 10,2). Linke (2,l Prozent) und Piratenpartei (2,0 Prozent) verpassten den Sprung ins Parlament deutlich.
Daraus ergibt sich folgende Sitzverteilung: Die CSU kommt auf 101 Mandate (2008: 92), die SPD auf 42 (39), die Freien Wähler auf 19 (21) und die Grünen auf 18 (19).
Die Wahlbeteiligung lag mit 63,9 Prozent deutlich über der von 2008, als sie 57,9 Prozent betrug.
Nach einer ersten Analyse der Forschungsgruppe Wahlen lässt das Ergebnis in Bayern kaum Rückschlüsse auf die Bundestagswahl in einer Woche zu. Fast drei Viertel der Befragten hielten das Resultat für überwiegend landespolitisch geprägt, teilte das Institut mit.
Seehofer wiederholte am Sonntag seine Forderung nach einer Pkw-Maut für Ausländer - das Wahlergebnis sei ein Auftrag. "Wir werden die Pkw-Maut nicht aufgeben, sondern durchsetzen." Merkel, die Festlegungen zu dem Thema lange vermied, hatte jüngst erklärt, mit ihr werde es die Maut nicht geben. Zuvor hatte Seehofer gedroht, ohne eine solche Pkw-Maut werde sich die CSU nicht an einer Koalition in Berlin beteiligen.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) forderte für die letzten Tage des Bundestagswahlkampfes eine scharfe Abgrenzung von der FDP. Er sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Montag), die FDP könne aus eigener Kraft sicher den Einzug in den Bundestag schaffen. Hilfe von der CDU "kann und wird es nicht geben", so Altmaier. Der Erfolg Merkels und der CDU/CSU sei "nur gesichert, wenn wir dieses Mal beide Stimmen für die CDU gewinnen".
FDP-Präsidiumsmitglied Wolfgang Kubicki kündigte in der "Leipziger Volkszeitung" eine massive Zweitstimmenkampagne an. "Wir machen das nicht auf Kosten der Union. Wir werden den Menschen erklären, dass es in den Wahlkreisen Sinn macht, gesplittet zu wählen, wenn man die bürgerliche Koalition an der Regierung halten will." Die Alternative im Bund zu Schwarz-Gelb sei Rot-Rot-Grün.
Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring warnte vor den politischen Folgen, falls die FDP auch im Bund nicht die Fünf-Prozent-Hürde schaffen sollte: "39 plus 4 Prozent reichen für Union und FDP nicht, dann regiert Rot-Rot-Grün. Wir brauchen 39 plus 7 Prozent, dann können wir unser erfolgreiches Bündnis fortsetzen", sagte er der "Rheinischen Post" (Montag). Kubicki ergänzte in der "Welt" (Montag), zur Leihstimmen-Kampagne müssten inhaltliche Positionierungen kommen, "auch in Abgrenzung zur Union".
Renate Künast, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, räumte ein: "Wir müssen in dieser Woche eindeutig noch besser erklären, dass es uns darum geht, wirklich faire Regeln für die Zukunft zu schaffen." Die Grünen hätten unterschätzt, wie massiv der politische Gegner ihnen Weltverbesserei mit Verboten untergeschoben habe.