FDP leckt seine Wunden: "Das ist nicht das Ende"

Die FDP will sich nach ihrem Rauswurf aus dem Landtag erstmal nur auf Berlin konzentrieren, die Analyse soll später kommen. Die Liberalen zeigen sich trotzig und stolz – und trinken erstmal einen.
von  Agnes Vogt/mm/zo
Lässt sich Bayerns treibende Kraft jetzt kraftlos treiben? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil sind fassungslos, als die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm laufen.
Lässt sich Bayerns treibende Kraft jetzt kraftlos treiben? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil sind fassungslos, als die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm laufen. © dpa

München - Einige Sekunden lang ist es mucksmäuschenstill. Auf den Bildschirmen erscheint gerade der gelbe FDP-Balken – und stoppt schon bei desaströsen drei Prozent. Die Liberalen im Maximilianeum und die im Hofbräukeller an der Inneren Wiener Straße erstarren mit ihren Biergläsern in der Hand. Dass sie rausfliegen aus dem Landtag – das war ihre größte Angst, dagegen hatten sie angekämpft.

Am Ende hat es alles nichts geholfen. Die 15 Abgeordneten müssen sich jetzt neue Jobs suchen – oder in ihre alten zurückkehren. Auch viele ihrer Mitarbeiter sind jetzt arbeitslos. Nicht alle können das so locker sehen wie Bald-Rentner Rainer Stinner, scheidender Bundestagsabgeordneter, der die ersten Hochrechnungen im Landtag verfolgt: „Das liberale Gesellschaftsmodell wird von den Bayern anscheinend nicht akzeptiert.“

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Mit Leichenbittermienen treten Parteichefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Spitzenkandidat und Noch-Vizeministerpräsident Martin Zeil vor ihre Anhänger. „Diese Niederlage ist schmerzlich und enttäuschend“, sagt Zeil. „Die FDP hat fünf Jahre lang erfolgreich in der Koalition mit der CSU gearbeitet. Mit unseren Erfolgen hätten wir die Regierung gerne fortgeführt.“ Anscheinend wollten die Wähler das nicht – so, wie die FDP Wahlkampf gemacht habe, habe er keine Fehler erkennen können. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wirbt mit Blick auf die Bundestagswahl unverhohlen um Zweitstimmen der Union.

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Tobias Thalhammer, der Parlamentarische Geschäftsführer, ist um kurz nach 18 Uhr dagegen noch optimistisch bis hin zur Selbstverleugnung: „Die Nacht ist noch lang“, sagt er. Glaubt er wirklich, dass drei Prozent noch ausgebaut werden können? Nun ja. „Wenn wir unter fünf Prozent bleiben, können wir mit stolzer Brust auf die vergangenen fünf Jahre zurückblicken.“

Dieses Motto scheinen sich die Anhänger wenige hundert Meter weiter, im Hofbräukeller, zu Herzen zu nehmen: Den Wortmeldungen im Fernsehen hört kaum einer mehr zu, es wird hitzig diskutiert. Der Schweinsbraten wird fast nicht mehr angerührt, nur ein paar Liberale haben etwas Obazden von der Freie-Wähler-Party nebenan geklaut. Jetzt will man erstmal nicht nachdenken. Jetzt geht’s um Berlin! Das bestätigt auch Martin Zeil: „Erstmal heißt es kämpfen, kämpfen, kämpfen“, sagt er. „Und jetzt warte ich auf meinen Wurstsalat.“ Seinen Mitarbeitern erlaubt er, auch mal einen über den Durst zu trinken.

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Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch ist auch im Hofbräukeller angekommen. Auch er bestellt erstmal ein Bier und hadert mit dem Ergebnis. „Ich habe mit 6,2 Prozent gerechnet“, sagt er. „Aber damit nicht. Nicht nach der Verwandtenaffäre und allem.“ Die FDP-Erfolge seien alleine der CSU zugerechnet worden. So sei das halt als kleiner Koalitionspartner. Dann wird er aber optimistischer: „Vor fünf Jahren herrschte Sonnenschein, jetzt stürmt’s, aber in fünf Jahren wird wieder die Sonne scheinen.“ Dann ruft er noch: „Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange!“ Die Liberalen jubeln, aus Trotz und aus Stolz.

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Mitten in dem Trubel erfährt Ex-Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl von ihrem Ergebnis in Bogenhausen: 6,1 Prozent – deutlich über Landesschnitt. „Viele Leute haben mir gesagt, wir wählen dich, obwohl du in der FDP bist“, sagt sie und muss sich eine Träne wegwischen. „Das geht mir ganz arg ins Herz.“

 

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