FDP ist tief zerstritten

Die FDP streitet: Parteichef Rösler kritisiert den Kurs seines Vorgängers - und wird seinerseits heftig gescholten. In der FDP ist Ostern die Zeit der Abrechnung.
dpa |
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Die FDP streitet: Parteichef Rösler kritisiert den Kurs seines Vorgängers - und wird seinerseits heftig gescholten. In der FDP ist Ostern die Zeit der Abrechnung.

Berlin - Bundesweit sind die Liberalen weiterhin unter fünf Prozent - die Nerven liegen blank. Vier Wochen vor der Wahl in Schleswig-Holstein hat FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki mit ungewöhnlich scharfer Kritik an der Parteispitze einen Befreiungsschlag versucht. Der Kieler Fraktionschef ging in der "Bild am Sonntag" auch mit dem neuen Leitbegriff "Wachstum" der FDP-Führung unter Parteichef Philipp Rösler hart ins Gericht. Bei den Liberalen entbrannte zugleich ein Streit über das Erbe des Ex-Vorsitzenden Guido Westerwelle. Rösler hatte zuvor die thematische Ausrichtung seines Vorgängers kritisiert.

Wahlkämpfer Kubicki sagte der Zeitung: "Der Prozess des Vertrauensverlustes ist tiefer als je zuvor. Ich habe in meinen 41 Jahren FDP-Mitgliedschaft und in 35 Jahren in Führungsgremien noch keine Phase erlebt, in der die FDP so lange in den Umfragen unter 5 Prozent gelegen ist." Inhaltlich stellte Kubicki fest: "So wie die FDP den Begriff Wachstum derzeit propagiert, können die Leute damit wenig anfangen. (...) Wir müssen diese abstrakten Begriffe mit nachvollziehbaren Inhalten füllen. Daran mangelt es."

Mit schlechter Kommunikation sei es "gelungen, die FDP als kaltherzig, neoliberal, nicht mitfühlend darzustellen". Konkret bemängelte Kubicki den Umgang mit der von der FDP-Führung abgelehnten Finanztransaktionssteuer: "So gelten wir jetzt als Partei, die die Finanzmärkte schützen will." Der Kieler will auf dem FDP-Bundesparteitag in zwei Wochen ein neues Denken in der Partei durchsetzen und sich dafür mit dem Spitzenkandidaten in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, zusammentun.

FDP-Präsidiumsmitglied Dirk Niebel wies parteiinterne Vorwürfe zurück, der frühere Vorsitzende Westerwelle habe die FDP auf das Thema Steuersenkung reduziert. Der Entwicklungsminister sagte der Nachrichtenagentur dpa in Berlin, dieser Vorwurf sei "immer das Argument des politischen Gegners" gewesen. In Wirklichkeit habe Westerwelle die FDP für breite Bevölkerungsschichten geöffnet und wählbar gemacht.

Rösler hatte die Politik seines Vorgängers in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" kritisiert: "Die FDP hat sich zu lange auf das Thema Steuersenkung reduziert. Den Liberalismus auf die Formel "Mehr Netto vom Brutto" zu verkürzen, das ist zu wenig." Die Mehrzahl der FDP-Mitglieder sei erst nach dem Jahr 2000 in die Partei eingetreten. Rösler: "Sie sind in einer Partei großgeworden, die in der Außendarstellung auf ein Thema gesetzt hat."

Vier Wochen vor der wichtigen Wahl in Schleswig-Holstein (6. Mai) und fünf Wochen vor der noch wichtigeren in Nordrhein-Westfalen (13. Mai) kommt die FDP in der Wählergunst bundesweit nur auf 4 Prozent. Laut "Sonntagstrend" des Institutes Emnid im Auftrag der "Bild am Sonntag" würden die Liberalen damit derzeit den Sprung in den Bundestag verpassen. Kubicki sieht die FDP auch in Schleswig-Holstein und NRW bei 4 Prozent - allerdings mit "Tendenz steigend".

Der Parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann kommentierte die Distanzierung des FDP-Chefs von der früheren Programmatik: "Das ist der billige Versuch von Philipp Rösler, sich kurz vor dem FDP-Bundesparteitag auf Kosten seines Vorgängers zu profilieren. Der Beweis, ob Philipp Rösler wie Guido Westerwelle auch Wahlen gewinnen kann, steht noch aus." Und Oppermanns grüner Amtskollege im Bundestag, Volker Beck, spottete: "Die FDP ist ganz in österlicher Stimmung. Auf dem Hühnerhof der Liberalen herrscht wildes Gegacker, und jeder legt dem anderen ein buntes Ei ins Nest."

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