FDP: Der Widerstand nimmt Formen an

MÜNCHEN - Der Druck auf Westerwelle wächst: Neue Parteirebellen sorgen für Unruhe.Selbst Seehofer macht sich Sorgen um den angeschlagenen Koalitionspartner.
Neuer Gegenwind für Guido Westerwelle. Eine Gruppe unzufriedener Liberaler formiert sich in der FDP gegen den Parteichef. Selbst in der CSU macht man sich Sorgen um den FDP-Parteichef. CSU-Kollege Horst Seehofer mahnte, die Personaldebatten seien „pures Gift“. Doch die Debatten gehen weiter.
Im „Dahrendorf-Kreis“ sammeln sich Abgeordnete aus Bundestag und Europa-Parlament: „Wir wollen die Partei breiter aufstellen“, sagt die Münchnerin Nadja Hirsch. Die Partei brauche eine „Öffnung für grüne Themen“. Sie und rund ein Dutzend anderer Abgeordnete wollen „Nachhaltigkeit“ in der FDP, „Finanzen und Steuern sind nicht alles“.
Der Vorstoß der Abgeordneten kommt für den Parteichef zur Unzeit. Die Verteidiger von Guido Westerwelle mahnen vor dem anstehenden Dreikönigstreffen zu Geschlossenheit: „Wir müssen die Personalattacken hinter uns lassen, sagt der Ex-Parteivize Dieter Döring. Die Debatte um Westerwelle sei „an Idiotie nicht mehr zu überbieten.“
Doch die Kritiker lassen sich nicht beirren. Der Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth sagt, Westerwelle sei für die Erfolge bei den Wahlen verantwortlich, aber jetzt auch für die schlechten Umfragewerte. Westerwelle müsse zu „Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit zurückfinden“.
Die Woche wird die entscheidende für Guido Westerwelle. Auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen hält er am Donnerstag die wichtigste Rede seit langem. Er muss die verunsicherten Liberalen im Dreiprozent-Umfragetief aufbauen, und er muss die Kritik an der eigenen Person ersticken. In den Weihnachtsurlaub im Ägypten war er mit Durchhalteparolen abgereist: „Ich verlasse das Deck nicht, wenn es stürmt.“
CSU-Chef Seehofer warnte die FDP mit Blick auf die CSU-Geschichte: Beim Sturz von Edmund Stoiber 2007 habe die CSU erfahren, „dass Personaldebatten extrem schädlich sind“. Die Probleme der FDP seien „eher inhaltlich“, meint Seehofer, und „liegen nicht in der Person des Vorsitzenden begründet.“
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert „ein klares Aufbruchssignal“ vom Dreikönigstreffen und setzt damit Westerwelle weiter unter Druck. Das Inhaltliche wollen die Unzufriedenen um die Münchner Europa-Abgeordnete Nadja Hirsch schärfen: „Tierschutz, Umweltschutz, Bürgerrechte, soziale Gerechtigkeit“, zählt sie Themen auf, die in der FDP ihrer Meinung nach zu kurz kommen: „Wir wollen hin zu einer nachhaltigen Politik in der FDP.“ Der Dahrendorf-Kreis nennt sich nach dem deutsch-englischen Politologen, der einst an der Mitte der Sechziger Jahre an der Öffnung der FDP nach links mitgearbeitet hat. Matthias Maus