Fauler Kompromiss
Wie viele Firmen zahlen noch Tariflöhne? Und mit wie viel Stundenlohn gehen Friseure oder Regalbefüller in den Supermärkten oder Möbelhäusern am Ende eines anstrengenden Tages nach Hause? Das alles sind Fragen, die nicht nur die Niedriglohnbezieher selbst beschäftigen – endlich interessiert sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür. In der Debatte um den Mindestlohn hat die CDU eine Kehrtwende gemacht: Noch vor Jahren schien so etwas undenkbar. Ist das jetzt endlich der Durchbruch? Pustekuchen!
Denn die von der CDU vorgeschlagene Lohnuntergrenze ist nur ein fauler Kompromiss. Sie gleicht die niedrigen Löhne etwa der Friseure nicht aus – für sie nämlich gibt es längst einen Tarifvertrag, auch in Bayern – mit Einstiegsgehältern unter acht Euro. Selbst, wenn die Firmen sich daran halten, reicht das zum Leben in München aber nicht aus.
Die von der CDU beschlossene Lohnuntergrenze ändert daran gar nichts. Denn sie gilt nur für jene Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt. Welche Branchen das zur Zeit genau sind, ist unklar. Ob sich die Entlohnung des jeweiligen Arbeitnehmers durch Merkels Vorschlag bessert, ist für ihn persönlich ungewiss. Und noch etwas stört an diesem Kompromiss: Mit dem Verweis auf die Lohnuntergrenze haben Arbeitgeber nun einen Grund mehr, die Gehälter zu drücken. Viel besser und wichtig wäre es, die Angestellten zu schützen – durch einen gesetzlichen Mindestlohn, für alle Branchen.