Fall Sarrazin: Jetzt ist Bundespräsident Wulff am Zug
BERLIN - So geht es weiter mit dem geschassten Bundesbank-Vorstand – Eine Klage ist mittlerweile durchaus denkbar. Die Abgabe seines Amtes ist praktisch beschlossene Sache. Wie geht es jetzt weiter?
Dass Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin sein Amt abgeben muss, ist praktisch beschlossene Sache. Die deutsche Zentralbank hatte am Donnerstag in einem historisch einmaligen Schritt seine Entlassung beantragt. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Notenbank. Die AZ klärt alle Fragen.
Was muss die Regierung tun? Sie berät derzeit, in welcher Weise sie formal in eine Abberufung Sarrazins eingebunden werden muss. Er habe darüber „keine abschließende Kenntnis“, so Regierungssprecher Christoph Steegmans.
Wer hat das letzte Wort? Laut Gesetz liegt die Entscheidung, ob Sarrazin tatsächlich gehen muss, nun bei Bundespräsident Christian Wulff. Das Staatsoberhaupt sagte umgehend eine Prüfung des Antrags der Zentralbank zu. Er bat die Regierung formell um eine Prüfung der Gründe für die Entlassung von Sarrazin – offenbar will er die Verantwortung nicht alleine tragen.
Wie kann sich Sarrazin wehren? Er kann gegen seine Entlassung klagen. Die Klage müsste sich gegen den Bundespräsidenten richten, erläutert Verfassungsrechtler Joachim Wieland, und fände vor dem Verwaltungsgericht Berlin statt.
Wie sind seine Chancen bei einer Klage? Darüber wird unter Experten gestritten. „Ein Restrisiko bleibt“, sagt ein Sprecher der Bundesbank. Arbeitsrechtler Bernd Rüther sieht gute Chancen für Sarrazin: „Er hat keine dienstlichen Verfehlungen begangen. Er müsste schon Geschäftsfelder nachhaltig geschädigt haben, etwa wenn Aussagen zu einer angeblichen rassischen Minderwertigkeit Geschäftsbeziehungen mit dem arabischen Raum negativ beeinflussen. Das muss man aber nachweisen.“
Was passiert derzeit mit Sarrazin? Er erhält seine Amtsbezüge (230000 Euro im Jahr) weiter, bis die Abberufung vollzogen ist. Solange es keine rechtskräftige Entscheidung gibt, ist er laut Wieland freigestellt. Die Aufgabenbereiche sind ihm bereits entzogen worden.
Wer folgt ihm? Experten fordern nun, dass nicht mehr die Politik die Vorstände bestimmt. Klaus Wowereit, der Sarrazin nominiert hatte: „Er wäre ein guter Bundesbanker geworden, wenn er die nötige Zurückhaltung geübt hätte.“