Fake-"New York Times" besiegelt Ende des Irakkriegs

In der «NYT»-Sonderausgabe lasen amerikanische Pendler frohe Botschaften: die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo, eine Anklage gegen Bush wegen Hochverrats und das Ende der Kriege - leider nur Wunschdenken.
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Endlich mal gute Nachrichten: Fake-"Times"
ap Endlich mal gute Nachrichten: Fake-"Times"

In der «NYT»-Sonderausgabe lasen amerikanische Pendler frohe Botschaften: die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo, eine Anklage gegen Bush wegen Hochverrats und das Ende der Kriege - leider nur Wunschdenken.

Manch einer dachte wahrscheinlich, er würde noch träumen, als er morgens einen Blick in die Zeitung warf: Pendler in mehreren Großstädten der USA haben am Mittwoch eine fingierte Zeitung mit dem Titel der seriösen «New York Times» in die Hand gedrückt bekommen, die unter anderem das Ende der Kriege im Irak und Afghanistan verkündete. Mit Datum 4. Juli 2009 vermeldete die große Schlagzeile das Ende des Irak-Kriegs.

Die täuschend echt wirkende «Sonderausgabe» der renommierten Tageszeitung berichtete auch über die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo Bay in Kuba und dass der frühere US-Präsident George W. Bush wegen Hochverrats angeklagt wurde.

Die Aktivisten- und Aktionskünstlergruppe «The Yes Men» outete sich am Mittwoch als Herausgeber der 14-seitigen Zeitung. Sechs Monate lang hätten sie an dem Blatt gearbeitet und über eine Million Exemplare mit Hilfe von tausenden Freiwilligen kostenlos in New York und anderen US-Städten verteilt: in New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Philadelphia und Washington unter die Leute. Die Initiatoren erklärten, sie wollten die neue Regierung des künftigen US-Präsidentin Barack Obama ermuntern, ihre Wahlversprechen zu halten.

Entschuldigungen für Politiker-Lügen

Unter anderem ist zu lesen, dass sich die frühere US- Außenministerin Condoleezza Rice für Lügen über die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak entschuldigt hat. Das Blatt berichtet über eine Öl-Steuer zur Finanzierung von Umweltstudien, den Ausbau von Fahrradwegen in New York und die Einführung einer nationalen Gesundheitsvorsorge. «Ich denke, es ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion, was wir erreichen wollen», sagte «Yes Men»-Mitbegründer Igor Vamos am Mittwoch der «Albany Times Union». Der Assistenzprofessor am Rensselaer Polytechnic Institute in New York erzählte dem Blatt, er habe für die falsche «New York Times» einen Bericht über das weltweite Verbot von Massenvernichtungswaffen geschrieben.

Auch «Times»-Autoren schrieben mit

Einer der Urheber des Projekts, der sich selbst als «Wilfred Sassoon» ausgab, sprach von rund 30 beteiligten Autoren. Seinen Angaben nach lieferten auch einige Mitarbeiter der echten «New York Times» Artikel ab. Die Idee sei vor sechs Monaten entstanden, als ein paar Journalisten beim Bier zusammensaßen. Die Aktivistengruppe «The Yes Men» habe das Projekt unterstützt. Von der renommierten Tageszeitung gab es zunächst nur einen knappen Kommentar: «Das ist eindeutig eine gefälschte Ausgabe der Times. Derzeit versuchen wir, mehr darüber herauszufinden», sagte Sprecherin Catherine J. Mathis.

Vision dessen, was möglich ist

Die «Yes Men»-Aktivisten schlossen sich Ende der 90er Jahre zusammen. Die Globalisierungskritiker gerieten vor allem durch eine gefälschte Internet-Seite der Welthandelsorganisation WTO in die Schlagzeilen. Als vermeintlich legitime WTO-Mitarbeiter wurden sie zu Konferenzen und Vorträgen eingeladen, bei denen sie satirisch Kritik übten. Ihre Aktionen wurden 2003 in dem Pseudo-Dokumentarfilm «The Yes Men» beleuchtet. Der New Yorker Kunsthochschullehrer Steven Lambert sagte, die Parodie sei ein Erfolg gewesen. «Die Zeitung zeigt eine Vision dessen, was möglich ist, wenn wir alle zusammenarbeiten.» (dpa/AP)

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