Faeser holt geplatzten Kurzbesuch in Syrien nach

Im zweiten Anlauf hat es jetzt geklappt. Bundesinnenministerin Faeser ist in den wohl letzten Tagen ihrer Amtszeit noch zu einem Gespräch mit einem Regierungsvertreter nach Syrien geflogen.
Anne-Beatrice Clasmann, dpa |
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Beim ersten Mal wurde die Reise im letzten Moment abgesagt. Diesmal klappt es mit dem Besuch von Faeser und Karner in Damaskus. In Syrien gab es in der Zwischenzeit einen Wechsel im Amt des Innenministers.
Beim ersten Mal wurde die Reise im letzten Moment abgesagt. Diesmal klappt es mit dem Besuch von Faeser und Karner in Damaskus. In Syrien gab es in der Zwischenzeit einen Wechsel im Amt des Innenministers. © Sebastian Gollnow/dpa
Damaskus

Einen Monat nach ihrem aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagten Besuch in Damaskus ist die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser in die syrische Hauptstadt geflogen. Begleitet wird die SPD-Politikerin, wie schon bei der ersten Reise, die Ende März abrupt in Jordanien endete, von ihrem österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner. 

Ihnen geht es vor allem darum, auszuloten, wie die Aussichten für eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge sind. Auch Abschiebungen nach Syrien sind ihnen ein wichtiges Anliegen. "Viele haben in Deutschland Arbeit gefunden, Deutsch gelernt und sich ein neues Leben aufgebaut - sie sollen natürlich bleiben können", sagt Faeser. Andere, vor allem Straftäter und Islamisten, sollten dagegen schnellstmöglich zurückkehren. 

Besuch nicht vorab angekündigt

Die deutsch-österreichische Delegation flog zu ihrem vorab nicht angekündigten Besuch unter strengen Sicherheitsvorkehrungen von Zypern in die syrische Hauptstadt. Bei ihrem ersten Versuch im März hatten konkrete Hinweise auf eine terroristische Bedrohung für westliche Delegationen in Damaskus die Reisegruppe zur Umkehr bewogen.

Ein Bündnis unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte Syriens Langzeitmachthaber, Baschar al-Assad, Anfang Dezember nach einer Blitzoffensive gestürzt. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa wurde zum Übergangspräsidenten ernannt, Assad floh nach Moskau.

Neuer Innenminister ist Kampfgefährte von al-Scharaa

Innenminister Anas Chattab, der die deutsch-österreichische Delegation empfing, ist erst seit dem 29. März im Amt. Faeser sagte zu Beginn des Treffens mit ihm, der Sturz Assads biete eine Chance zur Demokratisierung in Syrien. Interimspräsident Ahmed al-Scharaa hatte Ende März die Mitglieder der zweiten Übergangsregierung nach dem Sturz von Assad ernannt. Chattab und al-Scharaa kennen sich schon aus der Zeit, als sie im Irak gemeinsam lokale Gruppen des Terrornetzwerks Al-Kaida im Kampf gegen die US-Truppen unterstützten.

Nach dem Gespräch mit Faeser, das mehr als eine Stunde dauerte, sagte Chattab: "Wir haben über Energie gesprochen und wie man Investitionen ermöglichen und Arbeitsplätze schaffen kann. Denn das wird Syrer, die das Land im Krieg verlassen haben, ermutigen, in größerem Umfang zurückzukehren."

Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Bundesregierung in Syrien unterwegs ist. Einerseits will sie den Neuanfang in dem arabischen Land unterstützen, das nach mehr als 13 Jahren Krieg auf ausländische Hilfe und eine Aufhebung westlicher Sanktionen angewiesen ist. Andererseits bleiben trotz des pragmatischen Kurses von al-Scharaa Zweifel, ob die Rechte von Christen, Alawiten und anderen religiösen Minderheiten künftig gewahrt bleiben. Die Mehrheit der Syrer sind wie al-Scharaa und seine Kampfgefährten sunnitische Muslime. 

Am Flughafen wird Faeser in Damaskus von einem hochrangigen Beamten des Außenministeriums empfangen - freundlich, aber ohne Handschlag. Sie fragt ihn nach der aktuellen Situation. Er beschreibt sie als "vorsichtig optimistisch". Mit Blick auf die Sicherheitslage spricht er beschwichtigend von "einigen Zwischenfällen".

Schwieriger Partner

Faeser zeigte sich nach dem Gespräch hochzufrieden. Man habe über die Sicherheitslage in Syrien gesprochen, "insbesondere was die Bekämpfung des IS betrifft", sagte die SPD-Politikerin. Der syrische Minister habe zudem gezeigt, "dass er bereit ist, Pässe und Dokumente auszustellen". Das sei mit Blick auf Abschiebungen nach Syrien ein "Schritt nach vorne". Mit Blick auf die Vergangenheit des Innenministers und anderer Kabinettsmitglieder räumte Faeser ein, Syrien sei aktuell ein schwieriger Partner. Dennoch sei es wichtig, "dass wir Kontakte auf Arbeitsebene und technischer Ebene herstellen". Sonst werde man mit den eigenen Anliegen nicht durchdringen: Wege zu finden für eine verstärkte freiwillige Rückkehr von Syrern und Rückführungen von Straftätern.

Vorerst keine Asylentscheidungen zu Syrien

Syrien ist weiterhin Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Deutschland. Im ersten Quartal dieses Jahres stellten 9.861 Menschen aus Syrien erstmals in Deutschland einen Antrag auf Schutz.

Zum Stichtag 31. März standen beim Bamf noch 52.344 syrische Asylverfahren zur Entscheidung an. Nach dem Umsturz im Dezember hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wegen der noch unüberschaubaren Lage Entscheidungen über Asylanträge von Menschen aus Syrien vorerst ausgesetzt.

Für Faeser, die am Montag im österreichischen Krems an einem Treffen der Innenminister deutschsprachiger Länder teilnehmen wird, ist es eine der letzten Reisen in diesem Amt. Bei den Verhandlungen für eine schwarz-rote Koalition hatten sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, dass die CSU den nächsten Innenminister benennen darf. Ihre Reise nach Damaskus sei dennoch sinnvoll gewesen, resümiert Faeser vor dem Rückflug. Schließlich sei ihre Partei, die SPD, ja auch an der künftigen Regierung beteiligt.

Regelung zu Sondierungsreisen lässt auf sich warten

Im Bundesinnenministerium arbeitet wird bereits seit Januar an einer Ausnahmeregelung gearbeitet, um syrischen Flüchtlingen Erkundungsreisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie dadurch ihren Schutzstatus in Deutschland verlieren. Erlaubt wäre demnach entweder eine einmalige Reise für die Dauer von maximal vier Wochen oder zwei Reisen von jeweils maximal zwei Wochen, jeweils mit dem Ziel, auszuloten, ob eine Rückkehr möglich wäre.

Mehrere Unionspolitiker haben sich allerdings kritisch zu dem Vorschlag geäußert - unter anderem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

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