Facebook-Party: Viel zu viele Seehofer-Fans
MÜNCHEN Es schien der perfekte PR-Gag zu werden: Nur einen Steinwurf von seiner Staatskanzlei entfernt, in Münchens Nobel-Disco P1, wo sonst die Schickimickis Hof halten, lädt CSU-Chef Horst Seehofer heute Abend zur Facebookparty ein. Inzwischen droht das Event aber aus dem Ruder zu laufen. Mehr als doppelt so viele Gäste, wie ins Einser hinein passen, haben sich angesagt. Nun soll auch noch der Parkplatz hinter dem Haus der Kunst zur Feierzone werden.
Gestern trafen sich Polizei, Kreisverwaltungsreferat und CSU im P1, um sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Droht nun am Eisbach ein CSU-Chaostag? Mit „einem Gratisgetränk“ haben die Schwarzen tausende Facebook-User gelockt. Gesponsert wird die Party von P1-Besitzer Michael Käfer. Der Freistaat ist der Vermieter der Nobeldisco. „Wir zahlen weniger für das Getränk, als auf der Karte steht“, räumt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt das Sponsoring ein.
Gastgeber Seehofer ist inzwischen genervt: „Wir werden begleitet von Neidern und Angsthasen.“ Den Ansturm sieht er gelassen: „Das gehört für mich zur Normalität, wie jede andere Massenveranstaltung auch.“ Beim FC-Bayern-Empfang im Hofgarten seien 30 bis 40 Mal so viele Besucher. „Sicherheit ist immer Sache der Polizei. Wie bei jeder Demo, jedem Konzert und jedem Fußballspiel“, sagt er.
Vor ein paar Wochen hörte sich das noch anders an. Da riefen prominente CSUler nach einem Verbot, als hunderte Ungebetener private Facebook-Partys gestürmt hatten. Innenminister Joachim Herrmann warnte: „Gäste solcher Facebook-Massenpartys sind oft nur auf Randale und Zerstörung aus.“ Wer einen Polizeieinsatz provoziere, „hat auch dafür zu zahlen“. Und: „Grober Unfug ist auch über Facebook nicht erlaubt.“
Mit der Party wollte die CSU auf „Fan“-Fang für ihren Parteichef gehen. Denn Seehofers Auftritt im sozialen Netzwerk dümpelte dahin. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Gemeinde von 155 268 Fans vorweisen kann, brachte der CSU-Chef es nur auf ein paar tausend. Mit der Einladung ins P1 schnellte seine Unterstützer-Gemeinde auf mehr als das Doppelte – auf 9500, die „gefällt mir“ angeklickt haben. Nur so gab’s die Einladung ins P1. Rechtlich nicht unumstritten: Böten Firmen finanzielle Vorteile für eine gute Bewertung auf Facebook an, sei das problematisch, sagte der Internetrechtsexperte Christian Solmecke.
Das P1 ist für 1300 Gäste zugelassen. Die CSU schloss ihre Liste nach 2561 Zusagen. Im Netz ging’s danach rund. Die neuen Seehofer Fans fordern, die Party zu verlegen: ins Olympiastadion, die Allianz Arena oder auf die Theresienwiese, wo zwei Bierzelte leer stehen vom Frühlingsfest. Ärger gibt’s vor allem um die Kosten: „Hoffen wir mal, dass die Party von den Diäten dieses Herrn bezahlt werden und ordentlich saufwütige Chaoten dort aufschlagen. Der Polizeieinsatz sollte dann aber auch auf die Diäten angerechnet werden“, schreibt einer.
Zahlen tut die CSU. „Die Finanzen der Partei sind geordnet“, sagt Seehofer. Und für die Ordnung wird die Polizei sorgen. „Geklickt heißt ja noch nicht gekommen“, sagt ihr Sprecher Wolfgang Wenger. „Wir haben ein Auge drauf. Die Münchner Polizei lässt sich nicht überraschen.“
Nur für geladene Gäste
Teenies und die CDU schmeißen die größten Facebook-Parties. So passiert Ihnen das nicht
MÜNCHEN - Dank Facebook kann man mit wenigen Klicks unkompliziert zu einer Party einladen. Dank Facebook kann man wegen eines falschen Klicks aber auch hunderte von ungebetenen Gästen haben. Die wohl spektakulärste Facebook-Party schmiss im Sommer 2011 die Hamburgerin Thessa. Sie hatte auf Facebook ihren 16. Geburtstag angekündigt – für alle zugänglich. Innerhalb weniger Stunden sicherten 15000 ihr Kommen zu. Obwohl die Party abgesagt wurde, kamen 1500 Leute. Zurück blieben verwüstete Gärten, brennende Mülltonnen und ein verletzter Polizist. Elf Gäste wurden festgenommen.
Im vergangenen Sommer lief auch die Grillfete eines 19-jährigen Münchner Studenten aus dem Ruder. Statt 30 Freunden kamen über 500 nach Freimann. Die Polizei musste die Party beenden.
Großer Beliebtheit erfreuten sich 2011 die Sommerfeste kleiner CDU-Ortsverbände. Diese Veranstaltungen sind zwar öffentlich, doch wenn sich Tausende zur christlich-demokratischen Dorfsause ankündigen, wird auch einem Unionspolitiker Angst und Bange. Mehr als dreitausend Facebook-Nutzer hatten zum Scheunenfest der CDU am 20. August im schleswig-holsteinischen Hasloh zugesagt. Das sind in etwa so viele, wie das Dorf Einwohner hat. Zu viel für die CDU, die das Fest absagte.
Einen Tag später war das Sommerfest der CDU aus dem südhessischen Dietzenbach geplant. Der Ansturm im Netz war so groß, dass der Ortsverband die Seite sperrte. Doch die politische Konkurrenz schaffte Ersatz: „Die Partei“ von Satiriker Martin Sonneborn kopierte den Termin und sammelte mehr als 750 Zusagen. Die Jahre zuvor waren 150 Gäste gekommen. Auch diese Party wurde abgesagt.
Jüngster Fall: ein 13-jähriges Mädchen aus Schweinfurt. Statt 30 Geburtstagsgästen standen 300 vor der Haustür.
Die AZ hat Tipps für Geburtstage, CDU-Sommerfeste und Seehofer-Sausen: Wenn Sie eine Veranstaltung erstellen, finden Sie unten links die Option „Freunde einladen“. Die Freunde, die Sie mit einem Häkchen versehen, bekommen eine Einladung per E-Mail zugeschickt. Bei „Privatsphäre“ sollten Sie „Nur für geladene Gäste“ auswählen. Dort muss man die Einstellungen unter „Weitere Optionen“ verfeinern und das Häkchen aus „Gäste können Freunde einladen“ entfernen. Die Veranstaltung erscheint auf Ihrer Pinnwand, kann jedoch nur von geladenen Gästen gesehen werden. jam