Ex-Stoiber-Berater Spreng: "Guttenberg balanciert nah am Abgrund"

Viele Politiker arbeiten vor allem an ihrem Image – leider, meint der ehemalige "BamS"-Chefredakteur, Stoiber-Wahlkampfhelfer und Medienberater Michael H. Spreng: „Das ist der Tick zu viel“. Im AZ-Interview kritisiert Spreng Polit-Inszenierungen von Althaus, Steinmeier sowie Söder - und erzählt, was er vom jungen Style-Shootingstar Karl-Theodor zu Guttenberg hält.
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Bella figura oder ein Tick zu viel: Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem Times Square in New York.
dpa Bella figura oder ein Tick zu viel: Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem Times Square in New York.

Viele Politiker arbeiten vor allem an ihrem Image – leider, meint der ehemalige "BamS"-Chefredakteur, Stoiber-Wahlkampfhelfer und Medienberater Michael H. Spreng: „Das ist der Tick zu viel“. Im AZ-Interview kritisiert Spreng Polit-Inszenierungen von Althaus, Steinmeier sowie Söder - und erzählt, was er vom jungen Style-Shootingstar Karl-Theodor zu Guttenberg hält.

AZ: Herr Spreng, soeben hat die „Bunte“ den neuen Bundeswirtschaftsminister zum „stylischsten deutschen Spitzenpolitiker“ gekürt. Sind auch Sie ein Guttenberg-Fan?

MICHAEL SPRENG: Ich finde ihn erfrischend. Guttenberg unterscheidet sich in seinem Auftreten wohltuend von vielen uncharismatischen Politikern, die in Deutschland zurzeit an der Spitze sind.

Was ist das Geheimnis seines Erfolges? Rhetorik, Aussehen, aristokratisches Auftreten?

Eine Mischung aus allem. Das Wichtigste ist, dass er das totale Gegenbild zu seinem Vorgänger Michael Glos ist. Die Medien und die Wähler hatten einfach Sehnsucht nach einem neuen Gesicht. Hinzu kommt: Guttenberg ist eloquent, gebildet, charmant, kann gut argumentieren, hat ein hervorragendes Auftreten und eine natürliche Begabung für den Umgang mit den Medien. Er macht bella figura.

Läuft der neue Kabinett-Star nicht Gefahr abzuheben?

Solche Medienerfolge sind noch keine Erfolge bei den Wählern. Guttenberg hat ja bislang noch keinerlei konkreten Leistungen vorzuweisen. Im Augenblick ist das nur ein Medienhype. Darin liegt auch eine große Gefahr: Die Medien werden natürlich wieder müde und rufen nach noch neueren Gesichtern. Damit balanciert er nah am Abgrund, auch wieder runtergeschrieben zu werden.

Hätten Sie Guttenberg zu den Times-Square-Fotos geraten?

Ich hätte ihm dringend abgeraten. Das war genau der eine Tick zu viel. Man kann mit den Medien gut umgehen, man kann es aber auch übertreiben. Und Guttenberg hat es in New York übertrieben. Es ist seiner Unerfahrenheit zuzuschreiben, dass er die Falle nicht bemerkt hat. Das Foto passt nicht zur Wirtschafts- krise. Guttenberg steht wie ein Hollywoodstar vor den Neonlichtern. Das ist unangemessen angesichts der realen Auswirkungen der Krise, von denen Millionen Menschen existenziell betroffen sind.

Und wie angemessen war das Bodensee-Interview des maladen Dieter Althaus?

Die angebliche Gesundung des Ministerpräsidenten ist aus meiner Sicht eine Inszenierung. Dort soll das Bild eines wiedererstarkten, tatkräftigen Politikers vorgegaukelt werden – und keiner weiß wirklich, wie es um ihn steht. Die Wähler sind in der Regel klüger, als die Politiker meinen, und durchschauen solche Inszenierungen.

Auch Frank-Walter Steinmeier feilt am Image. Gerade inszeniert sich der SPD-Hoffnungsträger in einem Buch als ehrliche Haut aus der westfälischen Provinz.

Da wird jetzt halt im Wahlkampf versucht, dem Kanzlerkandidaten eine sozialdemokratische Aufsteiger-Aura zu verleihen. Aber das wird nicht verfangen. Denn die Leute sehen ihn jeden Abend als Außenminister in den Nachrichten. Und der ist spröde, unpräzise und wenig charismatisch.

Erinnert an Bundeskanzlerin Angela Merkel...

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist es bisher einfach nicht gelungen, die richtige Sprache für die Krise zu finden und den Menschen verständlich zu erklären, warum sie was macht. Dieses Defizit holt sie jetzt ein. Sie vermittelt den Eindruck mangelnder Führung, und keiner weiß genau, wohin sie will.

Beim CSU-Chef weiß der Wähler, was er will: Streit.

Ich kann keine klare Strategie bei Horst Seehofer erkennen. Sein tägliches Gemotze gegen die da oben in Berlin ersetzt doch keine Politik.

Und Markus Söder? Kann der Imagewandel vom Rabauken zum Staatsmann gelingen?

Söder hatte lange eine penetrante, ölige und aggressive Art des Auftretens, die bei den Wählern nie gut ankommt. An diesem Image hat er selbst lange gearbeitet. Das kann er nicht durch eine neue Medienstrategie abstreifen, sondern nur durch beharrliche Arbeit und konkrete politische Erfolge.

Interview: Markus Jox

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