Ex-Präsident Christian Wulff meldet sich mit Vortrag zurück
Er kam, sprach und schwieg in eigener Sache: Ex-Bundespräsident Christian Wulff spricht an der Heidelberger Uni. Es ist die erste öffentliche Rede nach dem Rücktritt
Am Ende gibt er dann doch etwas preis: „Auf absehbare Zeit“ sagt Christian Wulff, werde er „der Tagespolitik entsagen“. Und ein neues Vorbild hat er auch. Er wolle jedenfalls noch lange Gutes tun.
320 Neugierige und jede Menge Medien vernahmen es mit Interesse in der „Alten Aula der Universität von Heidelberg. Es war die erste öffentliche Rede des Gestürzten seit seinen dürren Rücktrittsworten am 17. Februar.
Ein bisschen genauer hätte der eine oder andere schon gerne gewusst, wie sich der gescheiterte Bundespräsident denn so seine Zukunft vorstellt. Wie lange denn „absehbar“ ist für den Mann, der gerade 53 geworden ist, und dessen Karriere vor neun Monaten mit einer beeindruckenden Bruchlandung endete. Die Antworten blieben aus. Wulff bleibt ein Rätsel.
„Semper apertus“, „immer offen“ ist das Motto der Rupert-Karls-Uni in Heidelberg, eine der ältesten nördlich der Alpen. Offen für Neues, offen aber auch für arme Sünderlein wie den zehnten Bundespräsidenten, der über den Verdacht von Vorteilsnahme und Spezlwirtschaft stolperte.
Doch davon kein Wort. Wulff sollte reden über „Gesellschaft im Wandel“. Er sprach über die Integration, die in der Nationalmannschaft klappt, „trotz des Schweden-Spiels“. Darüber, wie „beschämt“ er gewesen sei ob der Mordserie der NSU, die im übrigen auch „Ehrenmorde“ verübt hätten.
Den größten Eindruck seiner 18 Monate im Amt hat er hinterlassen mit dem Satz: „Der Islam gehört zu Deutschland“. Das Thema ist ihm geblieben, da wirkt er authentisch, da knüpft er an. Er glaubt an seine Chance.
Er ist nicht mehr so blass. Nicht mehr so eingefallen wie im Sommer, als er bei den Gedenkfeiern für die Attentäter des 20. Juli erstmals wieder öffentlich auftauchte. Er wirkt selbstsicher, die Hand in der hellgrauen Anzugtasche, so als sei nie etwas gewesen.
Es war aber was, der Staatsanwalt ermittelt noch immer, und man will wissen, wie sich Wulff schlägt. Die Einladung der Hochschule für jüdische Studien (HfJS), stammt aus der Zeit vor allen Gratis-Urlaubs-Enthüllungen. Sie bot willkommenen Anlass für den Comeback-Versuch. „Die Einladung galt der Person, nicht dem Amt“, rechtfertigt HfJS-Rektor Johannes Heil die Einladung: „Und, ein Hinweis an die Presse: Sie ist nicht dotiert“.
Das Medieninteresse war groß, aber Wulff hielt sich strikt an den Text. Nur selten blitzte Leidenschaft auf, wenn er „Perspektiven für Außenseiter" einforderte zum Beispiel - also auch für sich? Am meisten habe ihm Jimmy Carter gegeben, verrät Wulff. Man traf sich kürzlich in Bochum. „Der musste mit 57 gehen und arbeitet großartig.“ Jimmy Carter gilt als „bester Ex-Präsident aller Zeiten“. Wulff trennen davon mehr als ein paar Jahrzehnte.
Wie war er denn? „Beeindruckend“ findet Inge Weigel (74): Sollte er ein Comeback feiern? „Das vielleicht nicht, nicht so schnell jedenfalls“, sagt Dietrich Bahls. Und der Skandal? „Sowas von ausgelutscht", sagt Politik-Student Peter Daebel (20). Wulff wird’s gerne hören.
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