Ex-Ministerin Hohlmeier: Monikas Auswärtsspiel

Eigentlich ist sie nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Fassung zu wahren hat Strauß-Tochter Monika Hohlmeier von Kind an trainiert. Doch das ist ihr zu viel - Wie Ex-Ministerin Hohlmeier in der oberfränkischen Provinz um ein Comeback kämpft.
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Als Spitzenkandidatin für Oberfanken versucht die Oberbayerin die Stimmung gegen die CSU zu wenden
feindt Als Spitzenkandidatin für Oberfanken versucht die Oberbayerin die Stimmung gegen die CSU zu wenden

MÜNCHEN - Eigentlich ist sie nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Fassung zu wahren hat Strauß-Tochter Monika Hohlmeier von Kind an trainiert. Doch das ist ihr zu viel - Wie Ex-Ministerin Hohlmeier in der oberfränkischen Provinz um ein Comeback kämpft.

Eigentlich ist sie nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Fassung zu wahren hat Strauß-Tochter Monika Hohlmeier von Kind an trainiert. Doch das ist ihr zu viel. Ausgerechnet die sonst so verschlafenen Bayern-Sozis hat sie in ihrer neuen Wahl-Heimat Franken aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Die plakatieren von Hof bis in die fränkische Biermetropole Kulmbach ihren Kandidaten: „Ein Oberfranke für Oberfranken!“ Und treffen die Oberbayerin damit an ihrem wunden Punkt.

„Das ist echter Wahlbetrug“, giftet Monika Hohlmeier. „Den können die Franken wählen, und er kommt trotzdem nicht ins Europaparlament“, echauffiert sie sich. „Die SPD bräuchte in ganz Deutschland 60 Prozent, um den Herrn Stauch nach Brüssel zu bringen. Der ist erst auf Listenplatz 58.“ Von 60 Prozent aber ist die SPD noch viel weiter entfernt als die CSU von ihrer Traummarke 50 plus X in Bayern.

Das weiß im Burghotel von Lichtenberg an diesem Abend jeder. Die CSU hat eingeladen. „Monika Hohlmeier spricht und hört zu“, steht auf der Einladung. 30 Leute sind gekommen. Ein paar aus dem Ortsverein. Eine große Abordnung des CSU-Verbandes aus dem Nachbardorf Issigau. Eine Hand voll Sympathisanten. Das ist alles.

Lassen sich die Oberfranken eine Ausrangierte vorsetzen?

Der Herr Stauch, das rote Tuch der Monika Hohlmeier, das ist Carlo Stauch, ein 43-jähriger Politologe, der für einen SPD-Hinterbänkler im Bundestag das Büro leitet. Er ist in Lauenstein geboren, und in Kronach, wo er mit seiner Familie lebt, fest verwurzelt. Ein echter Oberfranke eben. Ganz anders als Hohlmeier.

Ihr Vater, Franz Josef Strauß, hätte den Namen Stauch nicht mal in den Mund genommen. Auch wenn der in der Ernst-Reuter-Straße in Hof, wo täglich mehr als 10 000 Autos fahren, alle paar Meter von einem Plakatständer lächelt. Strauß’ Motto für solche Fälle war: „Nicht mal ignorieren.“ Doch das schafft Tochter Monika nicht. Denn für die Oberfranken geht es diesmal nicht nur um Parteien. Es geht um Heimatverbundenheit. Ob sie sich von CSU-Chef Horst Seehofer einfach eine ausrangierte Oberbayerin zur Wahl vorsetzen lassen?

Seit vier Monaten tourt Hohlmeier jetzt durch ihre Wahl-Heimat. 35000 Kilometer hat sie zurückgelegt mit ihrem BMW X3, der immer noch das Ebersberger Kennzeichen mit ihren Initialen trägt. Die aggressive Stimmung gegen sie ist abgeflaut. Die Pfiffe sind verstummt. Doch die Skepsis ist geblieben.

"Jetzt kenn ich mich mit Seilen aus", sagt die Altmeisterin der Seilschaften

In Lichtenberg, der alten Ritterstadt, hat die örtliche CSU ein paar Plakate mit Hohlmeiers Konterfei aufgestellt. Beim größten Steuerzahler und Arbeitgeber des Orts, dem Rosenberger Tauwerk, hat der Ortsvorsitzende angefragt, ob die Europa-Kandidatin zu einem Firmenbesuch kommen dürfe. Hier kann sie sehen, wie jedem ein eigener Strick gedreht wird. Seeleute, Bergsteiger, Astronauten verlassen sich auf die Leinen aus dem fränkischen Familienbetrieb.

Geschäftsmäßig führen die Cousins Karl Friedrich und Sven Rosenberger ihren Gast durch die Produktionsstätten. „Jetzt kenn’ ich mich mit Seilen aus“, bedankt sich Hohlmeier, die Meisterin der CSU-Seilschaften. Ihre Kandidatur bewerten die Unternehmer kühl. Karl Friedrich Rosenberger: „In Südbayern haben sie sie nicht mehr gewollt.“

"Schau, das hat mein Vater geschrieben"

Das weiß auch Thomas Seelbinder, der 37-jährige Polizeibeamte und CSU-Chef von Lichtenberg. „Am Anfang, als ich erfahren hab’, dass die Hohlmeier bei uns kandidiert, hab’ ich gesagt: Awei! Aber es ist jetzt halt so. Und sie ist sehr engagiert.“ Eskortiert von zehn Parteifreunden führt Seelbinder seinen Gast durch die Altstadt.

Elke Beyer, die SPD-Bürgermeisterin, empfängt die CSU-Kandidatin freundlich im historischen Rathaus. Hohlmeier trägt sich ins Goldene Buch ein. Da sind sie endlich, die Heimatgefühle. Franz Josef Strauß hat sich da auch schon darin verewigt. „Schaut her: Da hat ja mein Vater geschrieben“, strahlt Hohlmeier. Der dritte Bürgermeister Matthias Quehl, der der CSU angehört, hat eine persönliche Erinnerung mitgebracht. Ein Foto von damals. Genau das ist es, worauf sie baut, die Strauß-Tochter: auf die alte Verbundenheit zu ihrer Familie.

Droben, auf der Burgruine, warten die Mitglieder des Vereins der Burgfreunde in ihren historischen Gewändern. Auch dort keine große Begeisterung: „Ich finde es nicht richtig, dass man sie hierher versetzt hat“, sagt einer im mittelalterlichen Burgvolk. „Ich hätte es besser gefunden, ein Oberfranke hätte es gemacht.“ Alle nicken. Die Burgfräulein sind misstrauisch: „Das glauben wir doch nie, dass die mit Kind und Kegel zu uns nach Oberfranken zieht.“

Hauskauf mit Rücktrittsrecht, wenn's doch nicht klappt?

Eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung hat Hohlmeier sich in Bad Staffelstein gemietet, der Stadt von Adam Riese. Gut rechnen konnte man im Hause Strauß schon immer. Zuerst hatte sie bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung angeklopft, ob sie nicht Unterschlupf finden könnte im stiftungseigenen Kloster Banz. Dort hatte man nicht reagiert. Von dem Haus, das sich Hohlmeier inzwischen gekauft hat, wird in Bad Staffelstein gemunkelt, sie habe sich im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht einräumen lassen, falls der Einzug ins Europa-Parlament nicht klappt. Außerdem wohne der Eigentümer noch drin und plane erst, sich ein anderes Haus zu bauen.

Am Vormittag war sie noch in Bayreuth beim Europafest der CSU. Von zehn Uhr morgens bis 13 Uhr mittags versuchte die Partei in der Fußgängerzone Rambazamba zu machen. Mit Stelzengehern, Musikkapelle und Freibier. Doch kaum jemanden hat das interessiert. Zehn Biertische hat die CSU aufgestellt. 28 Zuhörer setzen sich, als Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer um elf Uhr redet. Knapp hundert Personen stehen außen herum. Örtliche CSU-Mitglieder, die Frauen-, die Senioren-Union, ein paar Rentner und ein paar schräge Vögel. Rentnerin Gerda (72) ist begeistert: „Ich hab’ noch einen Kugelschreiber von Franz Josef Strauß. Ich bin überzeugt, dass die Hohlmeier die Beste ist.“ Nur bei ihren Freunden hat sich das noch nicht durchgesetzt. „Ich muss viel Überzeugungsarbeit leisten, weil sie halt keine Fränkin ist“, klagt sie.

Mit Horst Seehofer verschwindet Hohlmeier ins Café San Remo, um mit elf Bäuerinnen Eis zu essen. Es geht wieder um die Milch. Dass die durch immer mehr andere Stoffe ersetzt wird. Auch im Eis. Überzeugt hat das CSU-Duo nicht alle. Die Landfrauen diskutieren danach heftig: „Die CSU fliegt raus aus Europa. Wärscht scho sehn!“ Am Abend, im Burghotel in Lichtenberg, kann Hohlmeier bei ihren 30 Zuhörern doch noch einen Erfolg verbuchen. Sie bekommt Applaus. Organisator Thomas Seelbinder ist selig: „Das war ein guter Tag. Wir werden sie wählen.“

Nachts geht's heim - nach München

Auch Monika Hohlmeier ist glücklich: „Die Menschen nehmen mir ab, dass ich mich seit vier Monaten in die oberfränkischen Anliegen einarbeite.“ Gegen 23 Uhr steigt sie in ihren BMW und lässt sich vom Chauffeur heimfahren. Nach München: „Weil ich dort morgen früh einen Termin habe.“

Angela Böhm

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