EU-Vertrag: Karlsruhe stimmt zu - aber Deutschland muss nachbessern

Der Münchner CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler hat mit seinem Kampf gegen den EU-Vertrag von Lissabon nur einen Teilerfolg erzielt. Das Bundesverfassungsgericht billigte am Dienstag den sogenannten Vertrag von Lissabon - allerdings unter einigen Auflagen.
von  Abendzeitung

KARLSRUHE/MÜNCHEN - Der Münchner CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler hat mit seinem Kampf gegen den EU-Vertrag von Lissabon nur einen Teilerfolg erzielt. Das Bundesverfassungsgericht billigte am Dienstag den sogenannten Vertrag von Lissabon - allerdings unter einigen Auflagen.

Die Karlsruher Richter entschieden, dass das deutsche Zustimmungsgesetz zum Lissabon-Vertrag mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Ein deutsches „Begleitgesetz“ sei jedoch verfassungswidrig, weil dem Bundestag und dem Bundesrat darin keine ausreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt würden.

Deutschland darf den EU-Vertrag deshalb vorerst nicht unterzeichnen, verfügte das Gericht. Zuvor müssten die Rechte des Bundestages bei europäischen Entscheidungen gestärkt werden. Auch der Bundesrat muss mehr Mitspracherechte erhalten.

Die Verfassungsrichter verlangen, dass bei Änderungen des Lissabon-Vertrags Bundestag und Bundesrat förmlich zustimmen müssen. Auch wenn die EU ihre Zuständigkeit für den Erlass von Strafgesetzen ausdehnen will, muss die Bundesregierung zuvor ein förmliches Verfahren in den deutschen Parlamenten einleiten.

Gerichtsvizepräsident Andreas Voßkuhle sagte: „Das Grundgesetz sagt 'Ja' zu Lissabon, verlangt aber auf nationaler Ebene ein Stärkung der parlamentarischen Integrationsverantwortung.“ Der Zweite Senat sei „zuversichtlich, dass die letzte Hürde vor Hinterlegung der Ratifikationsurkunde schnell genommen wird“.

Der Bundestag muss deswegen in den Ferien Ende August zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Dabei soll ein neues Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungsrechte des Parlaments in EU-Fragen beraten werden.

Geklagt hatten in Karlsruhe neben Gauweiler auch die Linksfraktion im Bundestag, derÖDP-Bundesvorsitzende Klaus Buchner und eine Gruppe um den Juristen Franz Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg.

Sie hatten in ihren Beschwerden vor allem gerügt, dass es durch die Verlagerung von Kompetenzen auf die EU zu einer „Entmachtung“ des Bundestages und einem „Verlust der staatlichen Souveränität Deutschlands“ komme. EU-Rechtsakte seien zudem nicht ausreichend demokratisch legitimiert, so die Kläger.

Der Vertrag von Lissabon

Mit dem Vertrag von Lissabon soll die EU umfassend reformiert werden. Vorgesehen ist etwa, in Zukunft öfter mehrheitlich und ohne Blockaderecht eines Landes abzustimmen. Außerdem soll die Rolle des EU-Parlamentes gestärkt werden.

Bislang haben 24 der 27 EU-Mitglieder den Vertrag rechtsverbindlich ratifiziert. Es fehlen noch die Urkunden von Deutschland, Irland, Tschechien und Polen. Die Iren stimmen im Herbst in einem Referendum erneut über die Reform ab. Bei einer Zustimmung wollen die Staatsoberhäupter von Tschechien und Polen den Weg für den Vertrag frei machen. Die dortigen Parlamente haben ihn bereits gebilligt.

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