EU und Türkei: Der Milliarden-Deal

Sogar für den Ausbau der Demokratie stellt Brüssel Geld bereit - warum ein Aussetzen der Zahlungen an Ankara nicht einfach ist.
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Eine Europafahne und eine türkische Fahne wehen vor einer Moschee in Istanbul. Gibt es weiter Geld aus Brüssel?
Tolga Bozoglu/dpa Eine Europafahne und eine türkische Fahne wehen vor einer Moschee in Istanbul. Gibt es weiter Geld aus Brüssel?

Die Beitrittsgespräche der EU mit der Türkei stoppen - das fordert das EU-Parlament. Zahlungen der EU für Ankara überprüfen - das will Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Doch die Realität ist eine andere. Über vier Milliarden Euro stehen für die Heranführung der Türkei an die EU bereit. Und heute verhandelt Brüssel sogar über eine Ausweitung der Zollunion.

Während die Türkei zwar die umstrittene Liste mit rund 700 terrorverdächtigen deutschen Unternehmen wieder zurückgezogen hat, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums gestern in Berlin mitteilte, stellt sich trotzdem die Frage, warum die Union bei ihrem türkeifreundlichen Kurs bleibt.

Um diese Punkte geht es:

Wie viel Geld steht der Türkei aus dem EU-Etat zur Verfügung?

Es geht dabei um Vorbeitrittshilfen, mit denen die Gemeinschaft die Heranführung eines Kandidaten an die Union finanziert. Von 2014 bis 2020 sind 4,45 Milliarden Euro für Ankara vorgesehen, von denen bisher aber nur 167,3 Millionen abgeflossen sind. Diese Zuwendungen haben nichts mit den drei Milliarden Euro zu tun, die zusätzlich im Rahmen des Flüchtlingsdeals vereinbart wurden.

Und wofür kann die Türkei das Geld ausgeben?

In den Jahren 2014 bis 2017 sind zum Beispiel 540 Millionen Euro für die Stärkung der Demokratie eingesetzt worden. 389 Millionen können für den Ausbau der Rechtsstaatlichkeit genutzt werden. Von diesen Positionen ist aber noch kein Euro ausgezahlt worden. Zwei Drittel der Gesamtsumme von 4,45 Milliarden Euro sind als Heranführungshilfe für Projekte zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, des Umbaus der Energieversorgung und des Transportsektors vorgesehen.

Kann die EU das Geld stoppen?

Dazu wäre zunächst ein einstimmiger Beschluss der EU-Außenminister nötig. Hinzu kommt ein rechtliches Problem. Im ersten Vorbeitrittsprogramm 2007 bis 2013 gab es eine Klausel, mit der die Auszahlung der Finanzhilfen an rechtsstaatliche Grundsätze gebunden war. Im aktuellen Programm fehlt diese Klausel. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam zu dem Ergebnis, dass eine Suspendierung der Hilfe, wie sie Gabriel angeregt hat, nicht möglich ist.

Die Türkei gehört zur Zollunion mit der EU. Was heißt das?

Bereits 1995 hat die EU Ankara in die Zollunion aufgenommen. Damit wurden alle Zölle für Industriegüter gestrichen, Ankara musste allerdings versprechen, die europäischen Zölle an seinen Außengrenzen zu erheben. Für die Wirtschaft des Landes bedeutete dieser Schritt erleichterten Zugang zum europäischen Binnenmarkt.

Nun soll heute sogar über eine Ausweitung der Zollunion gesprochen werden - das falsche Signal?

Tatsächlich soll es heute Gespräche über eine Modernisierung der Zollunion in Brüssel geben. Dieser Termin wurde schon vor Monaten vereinbart.

Kann es sein, dass die EU die Zollunion aufkündigt?

Die Union wird dieses Projekt nicht leichtfertig aufgeben, weil es eines der letzten Druckmittel ist, das man in Richtung Ankara einsetzen kann.

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