EU stimmt Beitritt Kroatiens zu
Kroatien wird das 28. Mitglied der Europäischen Union. Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen, die Beitrittsverhandlungen mit Zagreb könnten abgeschlossen werden. Allerdings soll Kroatien bis zu dem für 1. Juli 2013 vorgesehenen Beitritt unter Überwachung der EU stehen.
Brüssel (dpa) - Dies soll sicherstellen, dass Zagreb die Beitrittskriterien wirklich erfüllt. Der Beitrittsvertrag soll bis zum Jahresende unterschreiben werden. Anschließend muss er von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
In einer Erklärung des Gipfels heißt es, Kroatien solle seine Bemühungen um politische Reformen vor allem im Justizbereich und bei Grundrechten "mit ungebrochenem Elan" fortsetzen, um seinen Pflichten als EU-Mitglied nachkommen zu können. "Eine Überwachung dieser Reformanstrengungen bis hin zum Beitritt wird Kroatien und den derzeitigen Mitgliedstaaten die nötige Gewissheit geben", heißt es in dem Papier. Nähere Angaben über mögliche Sanktionen für den Fall, dass Kroatien nicht ausreichend Reformen umsetzt, sind in der Erklärung nicht enthalten.
In einem früheren Entwurf war die Passage über die Überwachung des Landes nicht enthalten. Auch hatte es dort geheißen, der Beitritt Kroatiens bringe ein "neues Momentum für die europäische Perspektive der Staaten des westlichen Balkans". In der Gipfel-Schlusserklärung ist der Satz ergänzt: "...sofern diese Staaten nicht vom Reformweg abweichen".
Mit der "Überwachung" Kroatiens soll verhindert werden, dass sich erst nach einem EU-Beitritt herausstellt, dass nicht alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind - so wie 2007 im Falle Bulgariens und Rumäniens.
Zuvor hatten sich die Gipfelteilnehmer mit dem Thema Grenzkontrollen befasst. Als Mittel gegen illegale Einwanderung wollen die Staats- und Regierungschefs diese begrenzt wieder zulassen. Infolge des Flüchtlingsstroms aus Nordafrika sind die 27 EU-Staaten bereit, in Ausnahmefällen örtlich und zeitlich begrenzte Kontrollen zu erlauben.
Das geht aus dem Entwurf der Abschlusserklärung des Brüsseler Gipfels hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Darin wird die EU-Kommission aufgefordert, bis September einen Vorschlag auszuarbeiten, ob und wie der Schengen-Vertrag über das Reisen ohne Grenzkontrollen dafür verändert werden kann.
Dabei macht der Gipfel enge Vorgaben und betont das Prinzip der Reisefreiheit. Kontrollen sollen nur örtlich und zeitlich begrenzt erfolgen, heißt es in dem Entwurf für die Abschlusserklärung. Sie seien nur erlaubt "in wahrhaft kritischen Situationen, in denen ein Mitgliedstaat nicht mehr in der Lage ist, seine Verpflichtungen gemäß den Schengen-Vorschriften in Bezug auf die Verhütung der illegalen Einwanderung von Angehörigen von Drittstaaten zu erfüllen", heißt es im Text der Erklärung. Es müsse "hohen Druck" an den Grenzen geben; dies sei zum Beispiel der Fall bei negativen Folgen für andere Schengen-Staaten.
Im Mai war ein Grenzstreit zwischen Frankreich und Italien ausgebrochen, weil Italien tausende tunesische Wirtschaftsmigranten mit Schengen-Visa ausgestattet hatte, mit denen sie nach Frankreich weitergereist waren. Frankreich hatte daraufhin die Grenze geschlossen. Beide Länder hatten eine Änderung des Schengen-Vertrags verlangt - allerdings stehen viele EU-Mitglieder, darunter Deutschland, Vertragsänderungen äußerst skeptisch gegenüber. Auch Dänemark hatte für Streit gesorgt, weil es mit Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden die internationale Kriminalität wirksamer bekämpfen will.
Das Schengen-Abkommen ist ein grundlegender Pfeiler der Europäischen Union. Der Vertrag von 1985 hat eine nie gekannte Reisefreiheit innerhalb Europas geschaffen.
Die Palästinenser wurden vom Gipfel vor der Ausrufung eines Palästinenserstaates gewarnt. "Der Europäische Rat fordert alle Parteien auf, von einseitigen Maßnahmen abzusehen, die einer umfassenden Lösung nicht zuträglich sind", heißt es im Entwurf einer Gipfel-Erklärung vom Freitag in Brüssel. Damit beziehen sie sich auf eine im September für möglich gehaltene einseitige Unabhängigkeitserklärung der Palästinenser. Frankreich hatte bisher eine Anerkennung eines solchen Staates nicht ausgeschlossen, später aber erklärt, keinen Alleingang zu planen.
In der Erklärung heißt es, der "Verhandlungsstillstand" zwischen Israelis und Palästinensern müsse überwunden werden. Die bisherigen Vereinbarungen und Verpflichtungen seien einzuhalten. In der Gipfelerklärung wird der Stopp des israelischen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten aber nicht ausdrücklich erwähnt.
Der EU-Gipfel verurteilte "die anhaltende Unterdrückung und die unannehmbare und schockierende Gewalt, mit der das syrische Regime weiterhin gegen seine eigenen Bürger vorgeht". Die Staats- und Regierungschefs erneuerten auch den Aufruf an den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi, "unverzüglich abzutreten".