EU setzt beim Klimaschutz auf Alles oder Nichts
Hartes Ringen bis zuletzt. Mit der Ansage, keine faulen Kompromisse zu akzeptieren, setzt die EU in Durban Klimaschutzblockierer unter Druck. Klar ist nur: Im Kampf gegen die Erderwärmung rennt allen die Zeit davon.
Durban - Zusammen mit fast 100 Verbündeten erhöhte die EU den Druck durch die Forderung, dass sich auch Staaten wie die USA, Indien und China ab etwa 2015 zu klaren Klimaschutzzusagen bereiterklären müssten. Es wurde mit Verhandlungen bis tief in die Nacht zum Samstag gerechnet.
"Wenn es nicht mehr Bewegung gibt, dann muss ich sagen, dass es keinen Abschluss geben wird", machte EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard vor dem Finale in der südafrikanischen Hafenstadt klar. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Delegationskreisen erfuhr, wollte die EU einem Verschleppungsangebot nicht zustimmen, das rechtsverbindliche Zusagen zur CO2-Minderung erst ab 2020 vage in Aussicht stellt.
Nicht ausgeschlossen war bis zuletzt auch ein Vertagen der 17. Weltklimakonferenz - als Plan B kursierte in Durban am Freitag die Idee einer Fortsetzung in Bonn im kommenden Jahr. Dies hat es schon einmal gegeben, als die 6. Klimakonferenz in Den Haag 2000 scheiterte und Mitte 2001 in Bonn fortgesetzt wurde. Dort gab es dann den Bonner Beschluss zur Ausgestaltung des Kyoto-Protokolls. Dieses bisher einzige bindende Klimaschutzabkommen läuft Ende kommenden Jahres aus. Aber zu ihm bekennen sich nur noch Staaten, die lediglich 15 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen ausmachen.
Ein globales, rechtlich verpflichtendes Abkommen mit klaren Festlegungen zur Minderung beim Treibhausgas-Ausstoß bleibe das Ziel der EU, sagte Hedegaard. Auch Brasilien und Südafrika unterstützten dies nun. "Da ist einiges an Fortschritt", sagte Hedegaard.
Am Donnerstag hatten sich EU und ärmere Länder zu einem rund 120 der 193 Staaten umfassenden Bündnis zusammengeschlossen, um den Druck auf die großen Blockierer wie die USA, Indien und China zu erhöhen. Mit der neuen Allianz wurde die Blockbildung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern aufgebrochen. Gemeinsam erklärte die Allianz, dass man bereit sei zu einer zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls verbunden mit einem "starken Mandat und einem Fahrplan für einen rechtlich bindenden Vertrag".
Klimaexperte Christoph Bals von Germanwatch sagte der dpa, ein Problem für ein mögliches Einlenken Chinas sei auch, dass es dort im Frühjahr 2012 eine neue Regierung geben wird und diese nicht mit klaren Klimazusagen vor vollendete Tatsachen gestellt werden soll. Sollte man in Durban nicht ausreichende Ergebnisse erzielen, sei eine Vertagungsoption auch eine Fortsetzung auf Regierungschef-Ebene. Etwa im Rahmen des UN-Umweltgipfels im Juni 2012 in Rio de Janeiro.
"Der Erfolg oder das Scheitern in Durban hängt ab von einigen Staaten", sagte EU-Klimakommissarin Hedegaard. Zugleich verbreitete sie auch am Freitag weiter Hoffnung: "Eine Vereinbarung kann erreicht werden." Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) verhandelte bis vier Uhr am Freitagmorgen, um Widerstände aufzubrechen.
Deutsche Politiker und Umweltverbände betonten, ein Scheitern in Durban sei besser als ein leerer Kompromiss. Der CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel sagte der dpa in Durban: "Bei einem Scheitern wären die Bremserstaaten wenigstens klar benannt und könnten sich nicht mehr hinter faulen Kompromissen verstecken."
Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser sagte, der Widerstand der USA und Staaten wie China und Indien sei das Hauptproblem. Sie hätten klargemacht, "dass sie bis 2020 keine neuen Vereinbarungen wollen, und lassen offen, wie es danach weiter gehen soll", sagte Kaiser und warnt vor den Folgen: Die Erderwärmung könnte ohne Handeln um bis zu sechs Grad steigen.