EU-Gipfel: Juncker soll heute Kommissionspräsident werden
Brüssel - Für die Benennung des Luxemburgers Jean-Claude Juncker zum neuen Kommissionspräsidenten waren gestern trotz des Widerstands Großbritanniens alle Weichen gestellt.
Der britische Premier David Cameron wollte nach wie vor gegen Juncker stimmen. Einstimmigkeit ist bei dem Beschluss nicht erforderlich. Junckers Amtsnachfolger in Luxemburg, Premier Xavier Bettel, sagte nach Abschluss des ersten Gipfeltages: "Ich bin der Überzeugung, dass meine Kollegen mit einer überwältigenden Mehrheit zustimmen werden." Nur Cameron und der ungarische Regierungschef Viktor Orban seien gegen Juncker.
Cameron warf den EU-Partnern vor, mit der geplanten Benennung Junckers einen Irrtum zu begehen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel hat London inhaltliche Zugeständnisse in Aussicht gestellt, rückt aber nicht von Juncker ab.
Der frühere Luxemburger Regierungschef war bei der Europawahl im Mai als Spitzenkandidat der siegreichen Europäischen Volkspartei EVP ins Rennen gegangen. Auch von den Sozialdemokraten wird seine Kandidatur unterstützt.
Die Debatte über die Prioritäten für die kommenden fünf Jahren konnten die Staats- und Regierungschefs am ersten Tag ihres Gipfels im belgischen Ypern noch nicht abschließen. Die Diskussion werde am Freitag fortgesetzt, teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am späten Abend mit.
Experten arbeiteten in der Nacht weiter an dem Papier. Frankreich und Italien fordern, öffentliche Investitionen für Wachstum aus der Defizitberechnung herauszuhalten. Die Bundesregierung lehnt eine Änderung des Stabilitätspakts ab.
In Ypern erinnerten die Staats- und Regierungschefs an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. Am Freitag wird der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mit den Gipfelteilnehmern über die Lage in seinem Land sprechen und ein Partnerschaftsabkommen mit der EU unterzeichnen.
Nach den Worten Merkels sind neue Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise nicht ausgeschlossen. Die Kanzlerin sagte am Donnerstag: "Wir werden darüber sprechen, ob wir bei den Sanktionen weitergehen müssen oder inwieweit es in den nächsten Stunden doch noch Fortschritte gibt."
Um die Besetzung der weiteren Topposten in der EU zu regeln, wird es noch vor der Sommerpause einen Sondergipfel geben. Voraussichtlich am 17. Juli soll über die Nachfolge der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton entschieden werden. Ob dann auch der Nachfolger von Ratschef Van Rompuy beschlossen wird, ist aber offen.